War of Pictures. Bildpropaganda im befreiten/besetzen Österreich
Marion Krammer & Margarethe Szeless
In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, wie der Kalte Krieg auf visueller Ebene in den österreichischen Illustrierten ausgefochten wurde. Als Basis der Analyse dient die Auswertung amerikanischer und sowjetischer Quellen zur Redaktionspraxis ihrer in Österreich herausgegebenen Illustrierten. Konkret wurden für die Bilderbeilage der Tageszeitung Wiener Kurier, dem Organ der amerikanischen Besatzungsmacht, die Akten des Information Service Branch (ISB) aus den National Archives in Washington herangezogen. Zur Erforschung der Bildpolitik der sowjetischen Besatzungsmacht und der von ihr herausgegebenen Welt- Illustrierten erfolgten Recherchen in erst seit kurzem zugänglichen russischen Archiven, v.a. im Außenpolitischen Archiv der Russischen Föderation, im Russischen Staatsarchiv für sozial-politische Geschichte, im Staatsarchiv der Russischen Föderation und im Russischen Staatsarchiv für Kino- und Fotodokumente in Krasnogorsk.
Auf der Grundlage dieser neu geschaffenen Quellenbasis wird im Folgenden zuerst die Medien- und Bildpropaganda der Sowjets vorgestellt und sodann mit der bildpropagandistischen Praxis der amerikanischen Besatzungsmacht verglichen. Vorweggenommen sei gleich zu Anfang, dass, entgegen der Forschungsprämisse des Forschungsprojekts „War of Pictures. Press Photography in Austria 1945–1955“(62), auf visueller Ebene in den österreichischen Illustrierten kein sowjetisch- amerikanischer Schlagabtausch stattfand. Anders ausgedrückt, es lässt sich in den heimischen Illustrierten keine „reaktive Mechanik“ des Kalten Krieges nachweisen. (vgl. Betscher, 2013) Zu einem tatsächlichen „war of pictures“ im Sinne von offen agitatorischen Parolen und antikommunistischem bzw. antiamerikanischem Bildmaterial kam es hingegen im öffentlichen Raum. Darauf wird später anhand einiger Beispiele noch näher eingegangen.
1. Zur Bild-Propaganda in der Welt-Illustrierten(63)
Die Welt-Illustrierte erschien erstmals am 1. September 1946 in einer Auflage von 80.000 Stück und wurde von der Redaktion der Österreichischen Zeitung, dem offiziellen Organ der sowjetischen Besatzungsmacht, mitbetreut. Die Chefredakteure waren Iosef Lazak (der ausgezeichnet Deutsch sprach) und sein Stellvertreter Major Musatov, als verantwortliche Redakteure werden im Pressehandbuch 1947 Walter Staudacher und A. Chasanowitsch genannt. Insgesamt gab es laut Akten sieben angestellte Mitarbeiter der Welt-Illustrierten. Die Auflagezahlen schwankten in den folgenden Jahren erheblich, erreichten im September 1947 den Höchststand von 127.000, waren aber 1949 auf 22.000 Stück gesunken und werden im Jahr 1954 mit 42.000 Stück angegeben. Außerhalb der sowjetischen Zone wurden gerade einmal 2.500 Stück der Illustrierten vertrieben. Verglichen mit den Auflagezahlen des von der amerikanischen Besatzungsmacht herausgegebenen Wiener Kuriers mit einer Auflage von rund 300.000 Stück erscheint die Welt- Illustrierte geradezu als unbedeutend.
Die zentralen Aufgaben der Welt-Illustrierten waren die Verbreitung von Propaganda über die UdSSR, die Bewerbung des Sozialismus und seiner Errungenschaften sowie die Lancierung von Gegenpropaganda, besonders im Hinblick auf die von Lazak im Jahr 1948 beklagte „Marschallisierung(64) Österreichs“. (Lazak 1948b, 72–103)
Über den Erfolg der umgesetzten Propagandadirektiven sind in den Akten divergierende Meinungen zu finden. So kritisierte Major Komarov im Jahr 1949 in seiner Beurteilung der Illustrierten nicht nur die mangelnde ideologische Sattelfestigkeit und das Fehlen von Österreich-Themen, sondern stieß sich explizit an der „bourgeoisen“ Gestaltung der Illustrierten, die keine Distanz zur bürgerlichen Presse signalisiere (z.B. apolitische Titelblätter, Stars etc.). (Komarov 1949) Zu einem gänzlich anderen Befund kam hingegen der österreichische Journalist August Beranek(65), der mit einer Blattkritik beauftragt worden war: die Welt-Illustrierte werde laut Beranek einerseits von den kommunistischen Leserinnen und Lesern als zu wenig eindeutig progressiv empfunden und andererseits von den indifferenten bürgerlichen Österreicherinnen und Österreichern als politisch tendenziöses Propagandablatt angesehen. Um in Österreich genügend große Absatzmöglichkeiten und damit Massenbeeinflussung erreichen zu können, müsste das Blatt „österreichisch geschrieben [sein], d.h. von den Interessen der breiten österreichischen Öffentlichkeit [ausgehend] in der ihr vertrauten Sprache das Interessante aus aller Welt progressiv beleuchte[n]“. (Beranek 1949, 37)
Darüber hinaus war die Welt-Illustrierte, auch das ist in den Akten mehrfach belegt, in Bezug auf die publizierten Pressebilder schlichtweg nicht konkurrenzfähig. Als Ende August 1948 der russische Politiker und enge Mitarbeiter Stalins, Andrej Alexandrovič Ždanow starb, war die Welt-Illustrierte die einzige Illustrierte in Wien, die dazu kein Foto brachte. Die anderen Illustrierten erhielten Fotos über ausländische Fotoagenturen. Chefredakteur Iosef Lazak klagt diesbezüglich: „wenn aktuelle Fotos zu uns kommen, dann mit großer Verspätung und die Veröffentlichung in der Welt-Illustrierten verliert ihren Sinn.“ (Lazak 1948a, 116–119)
Lazaks Beschwerde ist symptomatisch, litt doch die Welt-Illustrierte an dauerhafter Unterversorgung mit aktuellem und qualitativ hochwertigem Bildmaterial aus der Sowjetunion. Einen sowjetischen Bilderdienst in Österreich gab es nicht. In welchem Umfang aber steuerten sowjetische Stellen Bildmaterial bei und wer waren überhaupt die Bildlieferanten der Welt-Illustrierten? Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine quantitative Erhebung der in der Welt- Illustrierten abgedruckten Fotonachweise durchgeführt. Für den Zeitraum 1946 bis 1955 wurden rund 10.560 in der Welt-Illustrierten abgedruckte Fotografien erfasst. Davon sind jedoch lediglich 4.291 Aufnahmen mit einem Bildnachweis, daher mit einem dem Foto zuordenbaren Namen der Fotografin/des Fotografen bzw. der Agentur abgedruckt. Das in der Welt-Illustrierten namentlich nicht ausgewiesene Bildmaterial dürfte wohl zum größten Teil aufgrund der darauf dargestellten Themen mit Sowjetunion-Bezug von der Nachrichtenagentur TASS stammen, die seit September 1945 ein Büro in der Wiener Kärntnerstraße betrieb. Allerdings verfügte das Wiener Büro in den Jahren 1946 und 1948 über keine eigenen Fotokorrespondentinnen oder Fotokorrespondenten, um 1950/51 ist möglicherweise O. Grigorev als Fotokorrespondent der TASS in Österreich tätig. Der Großteil der TASS Fotos stammte jedoch sicherlich aus der Moskauer Zentrale.
Von den in der Welt-Illustrierten namentlich gekennzeichneten Fotografien entfällt die mit Abstand größte Anzahl auf den österreichischen Pressefotografen Franz Fremuth gefolgt vom Sovinformbüro (SIB) (66). Das 1941 gegründete SIB war der wichtigste Kanal zur Verbreitung von Propaganda im Ausland, im Jahr 1950 belieferte das SIB 36 Länder mit Text- und Bildmaterialien und unterhielt offizielle und inoffizielle Vertretungen in 20 Ländern, allerdings nicht in Österreich – trotz mehrfacher Beschwerden über die unökonomischen Vertriebskanäle des Moskauer SIB von Seiten der sowjetischen Propagandaabteilung in Österreich.
Zusammenfassend lassen sich für die geringe Popularität und Durchschlagskraft der Welt-Illustrierten folgende Faktoren ausmachen: der schleppende Nachschub an hochwertigem und aktuellem Bildmaterial aus der Sowjetunion, der geringe Österreich-Bezug und der ausschließliche Vertrieb der Illustrierten in der sowjetischen Zone. Generell lässt sich das Scheitern der Welt-Illustrierten auch als Ergebnis der Fehlkonzeption der sowjetischen Medien- und Propagandapolitik in Österreich deuten. Trotz mangelnden Erfolges und wiederholt geäußerter Kritik hielt die sowjetische Besatzungsmacht an der Übernahme sowjetischer Propagandakonzepte und -materialien fest. Damit unterscheidet sich die visuelle Propaganda der sowjetischen Besatzungsmacht diametral von jener ihres großen „Feindes“ und Konkurrenten, den USA. Letztere sahen in der Präsentation österreichischer Themen und in der Stärkung des österreichischen Bildjournalismus ein probates Mittel der positiven Selbstdarstellung.
2. Die amerikanische Bildpolitik
Gerade im Vergleich zur weitgehend unbedeutenden sowjetischen Bildpolitik tritt das Erfolgsrezept der amerikanischen visuellen Propaganda besonders deutlich zu Tage: anders als die übrigen Besatzungsmächte verfügten die USA über ein weitaus größeres Budget und investierten von Anfang an in den Aufbau eines Bildarchivs und eines lokalen Bilderdienstes. Anfang 1950 verfügte die sowjetische Propagandaabteilung über ein 13.500 Pressebilder umfassendes Archiv, das Archiv des amerikanischen Bilderdienstes war zu diesem Zeitpunkt mehr als doppelt so umfangreich. Äußerst gelungen und folgeträchtig war zudem die langjährige Tätigkeit des Pressefotografen Yoichi Okamoto als Leiter dieses amerikanischen Bilderdienstes, der sogenannten Pictorial Section: unter seiner Ägide wurden 19 junge österreichische Pressefotografen angestellt, großteils von Okamoto persönlich ausgebildet und mit den Methoden der modernen Life-Reportage vertraut gemacht (die Bildberichterstattung im Life-Magazin zeichnete sich durch neuartige, großformartige Fotoreportagen aus, die mehrere Seiten umfassten. Die Fotos sollten den Menschen ein Fenster zur Welt sein und den Leserinnen und Lesern erlauben, Augenzeuginnen und Augenzeugen großer Ereignisse zu sein).
Okamotos Tätigkeit als Bildredakteur für den Wiener Kurier führte zu einer Anhebung der österreichischen Pressebildkultur und das kostenlose Pressebilderservice des amerikanischen Bilderdienstes sorgte für eine flächendeckende Versorgung – von Jänner 1946 bis August 1946 mit rund 27.500 Fotos (Hollem 1946) – österreichischer Medien mit amerikanischen Themen bzw. mit pro-amerikanisch gefärbten österreichischen Themen (Stichwort „Marschallisierung Österreichs“).
Darüber hinaus stellte natürlich die Tageszeitung Wiener Kurier (Auflage 300.000) der amerikanischen Besatzungsmacht ein kostbares Sprachrohr der amerikanischen Kulturmission dar. Dementsprechend galt es auch, die wöchentliche Bilderbeilage des Wiener Kuriers, für die Yoichi Okamoto verantwortlich zeichnete, mit amerikanischem Propagandamaterial zu füllen. Kurz und bündig erklärt Okamoto in vier Punkten seine bildredaktionellen Grundsätze und erhellt damit zugleich die wichtigsten Prinzipien der amerikanischen Bildpropaganda:
- “A. Realization of importance of job in that photographs to the public mind represent the truth, therefore our photographers in photographs published never lie.
- B. Propaganda is tried to be kept under an intelligent subtle basis on the theory that the Austrian public is tired of being hit over the head with the theme ‘Good old uncle Sam is again giving you this.” (Okamoto 1949)
Offensichtlich gelangte Okamoto durch seine Erfahrungen vor Ort zu der Einsicht, dass die permanente Berichterstattung über amerikanische Errungenschaften sowie über die Marshallplanhilfe der USA eine gewisse Übersättigung und damit auch negative Gefühle in der österreichischen Bevölkerung hervorriefen. Genau dieser Vorwurf traf die amerikanische Propagandapolitik auch von Seiten der anderen Westalliierten. Okamotos Entscheidung, die Seiten der Bilderbeilage ab und an mit unverfänglichem, ästhetisch und optisch ansprechendem Bildmaterial (beispielsweise mit Fotos afrikanischer Stämme) zu füllen, mag dieser Einsicht geschuldet sein.
- C. "Technical advances in U.S. are pushed and particularly cultural ties, and American appreciation of Austrian culture (example: Austrian painting show now touring America).
- D. We do not ridicule the Russians directly, however we will push something like the Berlin airlift to the maximum.” (ebenda)
Geradezu ein Schlüsselsatz über die US-Propagandapolitik im Umgang mit dem Kommunismus ist Okamotos vierte Devise: Man mache sich nicht öffentlich über die Sowjets lustig, aber man lasse keine Gelegenheit aus, über die Erfolge der „Berliner Luftbrücke“ zu berichten. Zur Erinnerung: die Medienkampagne rund um die Berliner Luftbrücke im Juni 1948 war ein beispielloser Erfolg für die amerikanische Propaganda und ein Meilenstein im ideologischen Kampf gegen den Kommunismus.(67) Es gilt also festzuhalten, dass die US-amerikanische Propagandapolitik in Österreich im Kontext des Kalten Krieges nicht auf direkte Angriffe oder Attacken setzte, sondern auf pro-westlich konnotierte Narrative, Ereignisse und Symbole zurückgriff, um die eigene Position zu stärken. Agitatorische visuelle Gegenpropaganda spielte im Wiener Kurier explizit keine Rolle, das zeigt nicht zuletzt auch die empirische Untersuchung des Bildmaterials im Zuge des Forschungsprojekts „War of Pictures. Press Photography in Austria 1945–1955“.
3. Der Kalte Krieg im öffentlichen Raum
Abschließend soll erneut auf die eingangs gestellte Frage nach einer offen agitatorischen Ost-West Konfrontation innerhalb der alliierten Bildpolitik eingegangen werden. Wie soeben dargestellt wurden in den österreichischen Illustrierten direkte Angriffe auf den politischen Gegner vermieden. Allerdings behielt man den Feind – auch fotografisch – genau im Auge. Im Archiv des amerikanischen Bilderdienstes finden sich u.a. Aufnahmen von sowjetischen Militäreinrichtungen, von antikommunistischen Demonstrationen in Wien und vom Leben in der sowjetischen Zone. Gemeinsam ist den Fotos, dass sie aus der Bauchnabelperspektive aufgenommen wurden. Offensichtlich mussten die Fotografen (Alfred Huttar alias Gary Cooper oder George Smith) beim Spionieren unentdeckt bleiben. Diese Aufnahmen dienten zweifelsohne der Feindbeobachtung und waren nicht für die Veröffentlichung vorgesehen. Deshalb sind all diese Bilder im Archiv mit dem Kürzel NFR (not for release) gekennzeichnet.(68)
Die Fotos aus dem NFR Bestand sind deshalb besonders spannend, weil sie den öffentlichen Raum als Schauplatz des Kalten Krieges thematisieren. Viele dieser Fotos weisen darauf hin, dass im öffentlichen Raum, anders als in den Illustrierten, ein zugespitzter ideologischer Kampf, eine Art sowjetisch-amerikanischer Schlagabtausch stattfand. Immer wieder wurde im Stadtraum die Parole „Ami go home“ angebracht.
Auf diesem Foto ist laut Bildunterschrift ein Kommunist zu sehen, der in der Nacht „Ami go home“ auf eine Mauer malt, um ein amerikanisches Plakat, das die Steigerung der Produktion in Österreich bewirbt, lächerlich zu machen. Regelmäßig wurden die Wandzeitungsschaukästen der sowjetischen Welt-Illustrierten und des amerikanischen Wiener Kuriers überklebt oder mit feindlichen Parolen beschmiert.
Ein zentraler Schauplatz für antikommunistische Propaganda waren die Schaufenster des amerikanischen Informationszentrums in Wien. Hier erlaubte man sich unverhohlene Attacken gegen den Kommunismus in Wort und Bild. In der Fotoausstellung „War of Pictures“ sind auf Foto 7.11 in https://warofpictures.univie.ac.at/kalter_krieg/medienspecial (6.7.2021) aus dem Jahr 1953 Passantinnen und Passanten zu sehen, die die Schaufenster des Amerika-Hauses in der Wiener Kärntner Straße betrachten. Gezeigt wurden hier Fotografien von Babys mit zu Grimassen verzogenen Gesichtern, die ursprünglich von der amerikanischen Fotografin Constance Bannister für eine Werbekampagne aufgenommen wurden. Für das Wiener Display wurden Bannisters Babys mit Bildunterschriften versehen, die den Kommunismus lächerlich machen. „Ist die Geheimpolizei schon weg?“ heißt es neben dem Foto eines Babys, das mit weit aufgerissenen Augen unter einer Bettdecke hervorlugt. Ein anderes Baby greift sich mit der Hand ins Gesicht und hat die Augen nach oben gerollt. Dieser Gesichtsausdruck ist mit dem Ausruf „Nicht schon wieder eine Demonstration!“ versehen. (vgl. Foto 7.13 unter https://warofpictures.univie.ac.at/kalter_krieg/medienspecial, (6.7.2021). Das Prinzip dieser Text-Bild Kombinationen ist gleichermaßen einfach wie propagandistisch ausgeklügelt: es lässt die herzigen Babyfotos in beißende Satire kippen. Zur Ausstellung erschien auch ein booklet in mehreren Sprachen, das im Amerika-Haus erhältlich war.
Speziell diese antikommunistische Propagandainitiative erregte viel Aufmerksamkeit und sorgte für große Publicity. Mehrere Schnappschüsse aus dem NFR Bestand zeigen Betrachter/ innen der sowjetischen Besatzungsmacht vor den Schaufenstern des amerikanischen Informationszentrums. Zu sehen sind Captain George Dobov, ein sowjetisch-englischer Übersetzer und Col. Wagner, online unter https://warofpictures.univie.ac.at/kalter_krieg/medienspecial , (6.7.2021) Foto 7.13. Sogar bis in die amerikanische Zeitschrift Life haben es die satirischen antikommunistischen Propagandadisplays aus Wien geschafft, z.B. https://warofpictures.univie.ac.at/kalter_krieg/medienspecial (6.7.2021), Foto 7.14: „Speaking of Pictures […] American Babes in Vienna woods annoy Russian Bear“.
Von sowjetischer Seite wiederum, auch das ist im NFR Bestand dokumentiert, wurde mit sogenannter Gehsteigpropaganda im Stadtraum agitiert. So kamen an Wiener Plätzen Ausstellungsstellwände zum Einsatz, die in grellen und einprägsamen Collagen das kapitalistische System anprangerten. Das Foto 7.19, datiert mit 26. Juni 1952, online unter https://warofpictures.univie.ac.at/kalter_krieg/medienspecial (6.7.2021) beispielsweise trägt den Titel „Russische Gehsteigpropaganda anlässlich des zweiten Jahrestags des Kriegsausbruchs auf Korea“. Hier haben die USIS(69) Fotografen heimlich Passanten beim Betrachten der Stellwände im Resselpark im Juni 1952 abgelichtet. Die Stellwände sind mit Kollagen, Statistiken und einprägsamen Parolen mit Anspielungen auf den Korea Krieg gestaltet, diese Form der Gestaltung geht auf die lange Tradition des Agitprop in der Sowjetunion zurück.
Zusammenfassend lässt sich zum Kampf der Bilder in Österreich im Kontext des Kalten Krieges Folgendes festhalten: sowohl die sowjetische als auch die amerikanische Besatzungsmacht waren bestrebt, in ihren jeweiligen Illustrierten ein positives Bild ihres politischen Systems und Weltbildes in Wort und Bild zu propagieren. Offen agitatorische Gegenpropaganda spielte weder im Wiener Kurier noch in der Welt-Illustrierten eine Rolle. Demgegenüber dürfte es aber im öffentlichen Raum punktuell zu einem sowjetisch-amerikanischen Schlagabtausch gekommen sein, zumindest legen dies die nicht veröffentlichten Fotografien aus dem NFR Bestand nahe. Dies ließe abschließend die These zu, dass sich eine verschärfte visuelle Rhetorik des Kalten Krieges nicht in den Printmedien, sondern in ephemeren Medien wie Schaufensterdisplays und Gehsteigstellwänden entlud.
LITERATUR
LITERATUR
Beranek, August (1949). Kritik und Vorschläge zur „Welt-Illustrierten“, 15.1.1949, AVP RF 451/12/253/3, 37–39.
Betscher, Silke (2013). Von großen Brüdern und falschen Freunden. Visuelle Kalte-Kriegs-Diskurse in deutschen Nachkriegsillustrierten. Essen: Klartext Verlag.
Komarov, A. A. (1949): Rezension über das Journal „Weltillustrierte“ für Jänner- Mai 1949 (Nr. 1–22). 30.5.1949, AVP RF 451/126/318/2, 264–272, Moskau. Anmerkung: AVP RF ist die Abkürzung für das Außenpolitische Archiv der Russischen Föderation.
Krammer, Marion (2017). Sowjetunion im Bild. Die sowjetische Medien und Bildpropaganda in Österreich von 1945–1955. In: Krammer, Marion; Szeless, Margarethe und Hausjell, Fritz (Hrsg.), medien&zeit. Kommunikation in Vergangenheit und Gegenwart. Thema: Alliierte Bildpolitik in Österreich 1945–1955. Jahrgang 32 (Heft 1/2017).
Krammer, Marion; Szeless, Margarethe & Hausjell, Fritz (Hrsg.), medien&zeit. Kommunikation in Vergangenheit und Gegenwart. Thema: Alliierte Bildpolitik in Österreich 1945–1955. Jahrgang 32 (Heft 1/2017). Online siehe Links.
Lazak, Iosef (1948a) Bericht über die Österreichische Zeitung für Juni – September 1948, 5.10.1948, AVP RF 451/11a/225/37, 116–119.
Lazak, Iosef (1948b) Bericht über die Arbeit der Zeitung der Sowjetarmee für die Bevölkerung Österreichs im 4. Quartal 1948, AVP RF 451/12/253/3, 72–103.
BILDQUELLE
BILDQUELLE
United States Information Services (USIS), „Die Sowjetunion und der Friede“, März 1952, ÖNB/Wien, US 9921/7.
LINKS
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ARCHIVMATERIAL
ARCHIVMATERIAL
Hollem, Howard, Montly Report, 31.08.1046, National Archives and Records Administration (NARA), Washiongton D.C., RG 260, Features Section, General Records, Box 2.
Okamoto, Yoichi. Bericht über die Tätigkeitsbereiche der Pictorial Section, o.D. [November 1949 ?], National Archives and Records Administration (NARA), Washington D.C., RG 260, Pictorial Section, Box 2, Folder 20.
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
Goritschnigg, Karin (2007). Propaganda an der Wand. Eine historische Inhaltsanalyse der Wandzeitungen der Besatzungsmächte in Wien 1945–1955. Universität Wien, Diplomarbeit.
Hansel, Michael (Hrsg.) (2010). Kalter Krieg in Österreich: Literatur – Kunst – Kultur. Wien: Zsolnay.
Moser, Karin (2005). Besetzte Bilder. Film, Kultur und Propaganda in Österreich 1945–1955. Wien: Filmarchiv Wien.
dgpb © Krammer, Marion & Szeless, Margarethe