Planungsmatrix


Abb. 257 Planungsmatrix analog 2020

Alois Ecker

10 Planungsmatrix

Die Planungsmatrix ist ein digitales Tool zur Planung und Gestaltung von Lerneinheiten für die universitäre Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern der Unterrichtsfächer Geschichte, Sozialkunde, Politische Bildung sowie für den schulischen Unterricht dieser Fächer.

Basierend auf der Theorie der prozessorientierten Geschichtsdidaktik (Alois Ecker) unterstützt diese Matrix die Planung von Lernsettings, die die Lernenden zu historischem und politischem Denken führen können. Zur Stärkung des fachdidaktischen Denkens werden dabei Konzepte des historischen Schreibens (1st order concepts) mit Konzepten des historischen Erzählens und Denkens (2nd order concepts) vernetzt: Die Lernorganisation wird dabei strukturell so aufbereitet, dass Prozesse des historischen Lernens in der Zirkularität von Adressat*innenanalyse, Zielsetzungen, Themenwahl, Kommunikationsstruktur, Transfer, Rückkoppelung und Reflexion abgebildet werden können.

 

Abb. 258 Die einzelnen Elemente aus dem Planungsbaukasten heraussuchen

10.1 Planungsbaukasten

Der Planungsbaukasten bietet Ihnen die Möglichkeit, ein Design für die eigenen Unterrichtseinheiten zu entwickeln. Mithilfe der Planungsmatrix können sowohl kurze Arbeitsphasen, als auch längere Lernprozesse geplant werden. So können Sie beispielsweise ein Design erstellen, für:

  • Eine einfache Arbeitseinheit
  • Ganze Unterrichtsstunden
  • Doppelstunden
  • Eine längere Unterrichtssequenz
  • Einen Projektablauf, oder
  • Einen Semester- bzw. Jahresplan

Als Hintergrundinformation stehen Ihnen für die Arbeit mit der Planungsmatrix die in den Planungsgrundlagen beschriebenen Informationen zur Verfügung.

Abb. 259 zerstört und rekonstruiert (Korinthische Säule Zeustempel Olympia)

 Klaus Edel

10.2 Entwicklung der Planungsmatrix

Aus dem Bedürfnis der Lehrenden in der Fachdidaktik Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung an der Universität Wien zu einer einheitlichen und vergleichbaren Grundlage für die Planung und Vorbereitung von realen Unterrichtsstunden der Studierenden zu gelangen, ist die Idee einer Planungsmatrix entstanden. Alois Ecker hat dazu aufbauend auf seiner Theorie der prozessorientierten Geschichtsdidkatik und dem zirkulären Modell des Unterrichtens ein Modell in Tabellenform entwickelt, welches von Ali Kutlusoy, ARGE Typo3 realisiert wurde. In einer zweiten Phase hat Bernhard Standl die Interaktivität verbessert, das Ende der Plattform Didaktik online führte zum Verlust der Matrix. Die nun vorliegende neue Planungsmatrix  wurde von Alois Ecker unter Mitarbeit von Bettina Paireder entwickelt entwickelt und von Benjamin Ecker digitalisiert. Sie wird mittlerweile in vielen Lehrer/innenbildungseinrichtungen Österreichs sowie in Europäischen und interkulturellen, transnationalen Bildungsprojekten eingesetzt. Die Verwendung der digitalen Planungsmatrix als Tool für die geschichtsdidaktische Forschung ist in Vorbereitung.

 

Abb. 260 Matrix zur Planung (Sequenzierung) der Unterrichtsstunde

 Alois Ecker

10.3 Umfang und Features der Planungsmatrix

Die Planungsmatrix umfasst die folgenden Bereiche:

  • allgemeine Informationen zur geplanten Lerneinheit
  • Zielsetzungen (Konzepte, Kompetenzen, Lernziele)
  • Lernumgebung und Zielgruppe (Adressatinnen/Adressaten)
  • Erwartungshorizont und Vorkonzepte der Lehrenden (Teacher’s Beliefs)
  • Matrix zur Sequenzierung der Unterrichtseinheit

Das digitale Tool umschließt eine Reihe an Features, die vernetztes Lernen, online-/distance-learning, kooperatives und interaktives Arbeiten fördern:

  • Verknüpfung der zentralen Elemente der Planungsmatrix mit den entsprechenden Lernmodulen sowie mit theoretischen Ansätzen (Geschichtstheorie, Systemtheorie, Kommunikationstheorie)
  • Möglichkeit des kollaborativen Arbeitens: gemeinsame Bearbeitung der Planungsmatrix von mehreren Personen (Lerngruppen)
  • Review- und Kommentarfunktion

 

Abb. 261 Concepts -Ausscnitt aus er neuen Planungsmatrix

Alois Ecker

10.4 Zum Gebrauch der Planungsmatrix

10.4.1 Bestimmung der Planungsfelder

Am Beginn jeder Planung steht die Adressatinnen-/Adressatenanalyse, die Bestimmung der Konzepte, Lehr- und Lernziele, die Wahl des Themas sowie die Selektion der für den Unterricht geeigneten Inhalte (Texte, Bilder, Quellen).

Mit der Adressatinnen-/Adressatenanalyse verknüpft ist die Frage nach den institutionellen Rahmenbedingungen (Studien-, Lehrplan, Pflicht- oder Wahlfach; finanzielle Ressourcen), die Klärung des verfügbaren Zeitbudgets sowie die Wahl bzw. die Besichtigung der Räume, in denen der Unterricht stattfinden soll.

Sind diese Planungsfelder bestimmt, so müssen Sie als Lehrende/r bzw. Lehrer/in entscheiden, welche Lernorganisation Sie geeignet halten, um mit der konkreten Zielgruppe die angestrebten Lehr-/Lernziele zu realisieren. Jede Lernform ist für bestimmte Funktionen im Unterrichtsaufbau besser oder schlechter geeignet. Grundinformation dazu finden Sie ebenfalls in den Planungsgrundlagen (Methoden, Medien).

Wollen Sie wissen, ob die Teilnehmer/innen dem geplanten Lernprozess folgen, so müssen Sie für ausreichende Rückkoppelung zwischen Informationsinput und Informationsverarbeitung sorgen. Die dazu passenden Rückkoppelungsschleifen sollten von Anfang an mitgeplant werden. Jeder Arbeits- bzw. Lernschritt soll durch ausreichende Anwendungen und Übungen gefestigt werden. Gegebenenfalls ist die Aneignung des Lehrstoffs in Überprüfungen zu kontrollieren.

Sowohl Sie als Lehrende/r bzw. Lehrer/in als auch die am Lernprozess beteiligten Adressatinnen/Adressaten brauchen für die Verarbeitung dieses komplexen sozialen Geschehens, das Unterricht immer darstellt, ausreichend Reflexion. Die jeweils geeigneten Reflexionsformen sollten ebenfalls mitgeplant werden.

 

10.4.2 Zeitmanagement

Abb. 262 Zeitmanagement

Zeit ist eine der zentralen Ressourcen für die Unterrichtsplanung. Die richtige Taktierung einer Arbeitseinheit entscheidet häufig über Erfolg oder Misserfolg einer Unterrichtssequenz.In der Planungsmatrix ist die linke Spalte für Angaben zur Dauer der geplanten Lerneinheit reserviert. Für einzelne Unterrichtseinheiten werden Sie üblicherweise Minuten als Zeiteinheit wählen, bei Projekten, Semester- oder Jahresplanungen kann auch eine größere Zeiteinheit (Arbeitseinheiten à 45 Minuten; Wochen etc.) sinnvoll sein.

Die Dauer einer Arbeitsphase muss zur jeweiligen Zielsetzung, zum Umfang des Themas und zur gewählten Methoden, Medien und Rückkoppelungsformen passen. Fünfminütige Gruppenarbeiten zur Revolution 1848 sind ebenso unsinnig, wie Vorträge oder Impulsreferate, die - ohne Rückkoppelung mit der Lerngruppe - länger als zwanzig Minuten dauern.

Das zentrale Kriterium für das tatsächlich benötigete Zeitausmaß ist allerdings die Struktur der Lerngruppe selbst: Die vorhandenen Kompetenzen, Vorwissen oder Vorerfahrungen der Teilnehmer/innen sind Faktoren, die eine Lernphase wesentlich verkürzen oder verlängern können. Neuere didaktische Konzepte, insbesondere die konstruktivistische Didaktik (Reich 2002), raten deshalb von rigiden Zeitplänen ab und empfehlen durchwegs offenere, flexibel anwendbare Zeitpläne.

Entsprechende Varianten der Unterrichtsgestaltung sollten eingeplant werden: Zeitpuffer sind ebenso sinnvoll, wie mögliche zusätzliche inputs, die bei schnellerem Arbeitsfortgang eingesetzt werden können.

Zeit ist ein Faktor, der soziale Beziehungen strukturiert. Im Unterricht kommt ihr dementsprechend zentrale steuernde Funktion zu. Bei teamorientierter Lernorganisation und prozessorientierter Lernorganisation ist darauf besonders zu achten.

Für Lehrende ist auch die Dauer von Vor- und Nachbereitungszeiten mitzuplanen. Zeit für Teambesprechungen, Staffreflexion oder eigene Reflexionszeiten sollten bei einer realistischen Planung stets mitberücksichtigt werden.

 

10.4.3 Wahl der Lernorganisation

Abb. 263 teamorientierte Lernform Gruppenarbeit

Für jede Unterrichtsplanung bildet die Wahl der Lernorganisation ein zentrale Entscheidung. Mit dieser Wahl sind zahlreiche Konsequenzen verknüpft:

  • Hierarchische Kommunikationsformen ermöglichen die systematische Präsentation kodifizierten Wissens.
  • Teamorientierte Lernformen aktivieren die Teilnehmer/innen und ermöglichen dadurch vertiefende Lernprozesse auf analytischer, praxisorientierter oder erfahrungsorientierter Ebene.
  • Prozessorientierte Lernformen schaffen Zugang zu kognitiven und affektiven Dimensionen der Wissensaneignung - und ermöglichen damit Einsicht in komplexe Wissenszusammenhänge sowie die Einübung jener Kompetenzen, die im Anwendungsbereich des gewählten Themas erforderlich sind.

In jedem Fall ist die Lernorganisation abzustimmen auf:

  • die jeweils konkrete Zielgruppe mit ihren zugrundeliegenden Interessen, ihren spezifischen Eigenheiten und Eigensinnigkeiten (Selbstreferenz),
  • die vorhandenen fachlichen und kommunikativen Kompetenzen der Teilnehmer/innen, und
  • die je spezifischen Beziehungsdynamiken in der Lerngruppe.

 

Tipps für die Wahl der Lernorganisation

Abstrakte Stundenbilder sind im Unterricht kaum sinnvoll einsetzbar. Den Grundannahmen des Zirkulären Modells entsprechend sollten die Fragen der Adressatinnen-/Adressatenanalyse auf Thema und Zielsetzungen abgestimmt sein, die Wahl der Ziele, Inhalte, Methoden, Medien und der Einbau von Rückkopplungsschleifen sollten in Hinblick auf die jeweils konkrete Lerngruppe erfolgen.

Es macht einen Unterschied, ob eine Unterrichtssequenz zur Sozialgeschichte der Familie für eine 3. Klasse AHS, für eine 4. Klasse HTL oder für ein fünftägiges Lehrer/innenfortbildungsseminar geplant wird.

Die Beziehungsdynamik einer Lerngruppe ist für die Planung insoweit relevant, als sie auf die Gestaltbarkeit des Lernprozesses einwirkt. Sie kann demzufolge bei der Erarbeitung eines Themas auch bewusst genutzt werden kann.

In der Planungsphase gilt es dafür zu klären,

    in welchen Kommunikationsformen bzw.

  • mit welchen Arbeitsmethoden und Medien das gewählte Thema
  • unter den vorformulierten Zielsetzungen
  • mit dieser spezifischen Gruppe

erarbeitet werden kann. Dabei sollte auch bestimmt werden, ob die Zielgruppe Vorerfahrungen mit der gewählten Lernorganisation hat. Für die Methodenwahl im laufenden Arbeitsprozess ist die Gesprächsdynamik der Gruppe zu beachten.

 

10.4.4 Methodenwahl / Methodenwechsel

Abb. 264 Perspektivenwechsel

Es gilt als Goldene Regel der Didaktik, spätestens nach 20 Minuten die Arbeitsmethode zu wechseln und eine neue Methode einzuleiten. Diese Regel ist tatsächlich durch vielfache Erfahrung gestützt, sollte allerdings nicht sklavisch eingehalten werden. Wie jede andere Regel der Didaktik stellt sie lediglich einen Erfahrungswert dar, der bei der konkreten Planung als Orientierung dient. Ein zweistündiges Rollenspiel kann durchaus passend sein, wenn es inhaltlich auf die Lerngruppe abgestimmt ist und im Arbeitsrhythmus passt.

Jeder Methodenwechsel ist auch ein Perspektivenwechsel. Das Thema wird neu "beleuchtet", andere Aspekte, neue Zugänge zum Thema werden sichtbar gemacht und damit für den Lernprozess erschlossen. Nicht nur die Schüler/innen bzw. Studentinnen/Studenten, auch die Lehrenden bleiben dabei stets Lernende.

Ein Methodenwechsel beinhaltet zumeist auch einen Rollenwechsel: Die Schüler/innen steigen z.B. in die Rolle von Vortragenden ein (Gruppenpräsentation), die Lehrenden werden zu Zuhörerinnen/Zuhörern, Beraterinnen/Berater, Organisatorinnen/Organisatoren des nächsten Arbeitsschrittes usw. Die Flexibilität in der Rollengestaltung erhält auch die Lernbereitschaft aller Beteiligten (Lehrende und Lernende) und sollte daher schon in der Planungsarbeit mitbedacht werden.

Jeder bewusst gesetzte Methodenwechsel bedeutet eine Intervention ins soziale System der Lerngruppe. Wie das System genau reagiert, kann zunächst nicht mitgeplant werden. In der Planung können jedoch Rückkoppelungsschleifen vorgesehen werden, die es ermöglichen, die Reaktionen der Adressatinnen/Adressaten in den Lernprozess zu integrieren.

Transparenz ist bei jedem Methodenwechsel wichtig: Die Teilnehmer/innen brauchen Orientierung, sie wollen beispielsweise wissen, was als nächster Arbeitsschritt geplant ist. Methodenwechsel bedürfen daher einer klaren und eindeutigen Struktur – und in der Unterrichtssituation einer ebenso eindeutigen Ansage.

 

Tipps für die Wahl von Methoden

  • Es gibt keine Methoden für alle Fälle, sie sind nie im gleichen Maße für alle Situationen und Personen passend. Jede Kommunikationsform ist für bestimmte Unterrichtsziele funktional und für andere dysfunktional.
  • Es gibt keine methodischen Rezepte! Methoden sollten weder ein Selbstzweck noch eine beliebige Zutat sein, denn zu ein und demselben Ziel führen verschiedenste Wege.
  • Methoden unterliegen schnellen Veränderungen. Es gibt auch viele Mischformen aus klassischen Methoden und neuen, die ständig hinzukommen. Methodische Listen können daher nie vollständig sein.
  • Bei der Wahl der Methoden sollte Ausgewogenheit und Abwechslungsreichtum im Vordergrund stehen. Auch die Begründbarkeit der Methodenwahl ist ein Qualitätsmerkmal.
  • Gestaltungsenergie und Kreativität sind gute Voraussetzungen für die erfolgreiche Nutzung der gewählten Methoden.

 

10.4.5 Strukturell-funktionale Gesichtspunkte beim Aufbau einer Lerneinheit

Abb. 265 Zusammenfassung mittels ppt

Jede Unterrichtseinheit sollte einen Einstieg, eine erklärende, differenzierende oder explorierende Arbeitsphase und eine Schlusssequenz aufweisen. Dazwischen können je nach verfügbarer Gesamtarbeitszeit weitere Elemente eingebaut werden, wobei die Gesamtkomposition einen attraktiven (Arbeits-) Rhythmus aufweisen sollte.

 

Einstieg(sphase)

  • Einführung in das Thema durch den Lehrenden
  • Impulsreferate
  • Entwicklung des Problemfeldes durch aktivierende Methoden wie Brainstorming, Stummen Dialog, individuelle Nachdenkphase

 

Vertiefende Arbeitsphase

  • Differenzierung der thematischen Betrachtung
  • Bearbeitung von Aufgabenstellungen, z.B. in Gruppenarbeit(Textanalyse, Übungen)
  • Präsentation von Ergebnissen (mit Moderation)
  • Diskussion

 

Die Schlusssequenz

  • Zusammenfassung, Systematisierung
  • Feed back, Evaluierung
  • Ausblick (auf die nächste Vorlesung, das nächstes Arbeitsthema)

 

10.4.6 Thematische Gesichtspunkte beim Aufbau einer Lerneinheit

Abb. 266 Bild als Einstieg einer themenbezogenen Vorstellrunde zu einem COMENIUS Projekt

Bei der Adressatinnen/Adressatenanalyse ist zu erheben, ob das Thema schon bekannt oder völlig neu ist. Dementsprechend können dann die Lehr-/Lernziele allgemeiner oder spezieller formuliert sowie der Aufbau des Themas mehr oder weniger differenziert gestaltet werden. Folgende allgemeinste Kriterien sollten thematisch in jedem Fall beim Aufbau der Lerneinheit Beachtung finden:

  • Das Thema und die Fragestellung, die besprochen / bearbeitet wird, werden vorgestellt und in Bezug zu den Zielen der Veranstaltungen gebracht.
  • Bei Einführung eines neues Themas erwartet jede Teilnehmer/innengruppe eine erste Orientierung: ein Programm, eine Übersicht über die zu besprechenden Schwerpunkte.
  • Es erhöht die Dynamik des Lernprozesses, wenn der anschließende Einstieg in das Thema mit einem Bezug zu den Teilnehmerinnen/Teilnehmern (Vortrag), oder mit einer themenbezogenen Vorstellrunde (teilnehmer/innenorientierter Zugang) beginnt.
  • In der nachfolgenden inhaltlichen Darstellung sollten je nach Zielgruppe Bezüge zu Forschungsergebnissen, zum Erfahrungshintergrund der Teilnehmer/innen oder zu Anwendungsgebieten des Themenfeldes präsentiert werden
  • .Der Aufbau der inhaltlichen Argumentation kann entweder klassischen rhetorischen Figuren (These – Antithese – Synthese) folgen, oder anhand ausgewählter Fragestellungen entwickelt werden, die von Teilnehmerinnen/Teilnehmern (z.B. in Gruppen) bearbeitet und in einer anschließenden Präsentation diskutiert und zusammengeführt werden.
  • Ist ausreichend Zeit vorhanden, folgen dann eine Vertiefung des Themas anhand von Beispielen, die Anwendung durch die Teilnehmer/innen anhand ausgewählter Methoden, oder eine forschungsorientierte Aufgabenstellung.
  • Jede Unterrichts-/Lernsequenz sollte in einem kurzen Schlussteil die wichtigsten Ergebnisse des Vorgetragenen bzw. des Lernprozesses zusammenfassen und mit Hinweisen auf Konsequenzen für die Praxis, weiterführende Fragestellungen oder zu diskutierende Thesen schließen.

 

10.4.7 Soziale Gesichtspunkte beim Aufbau einer Lerneinheit

Abb. 267 Plenum als Ort der Diskussion

Bei der prozessorientierten Lernorganisation bilden die unterschiedlichen Sozialformen, in denen gearbeitet werden kann, zugleich besondere Erfahrungsebenen des sozialen Handelns. Zumeist entsprechen sie auch einem spezifischen Abstraktionsniveau des kognitiven und emotionalen Lernprozesses.

Jede bewusst vorgenommene Strukturierung des sozialen Systems der Lerngruppe ist auch eine Intervention in den Lernprozess dieser Gruppe (Methodenwechsel). Der prozesshafte Aufbau einer Unterrichtssequenz lebt von einer sinnvollen Kombination mehrerer der folgenden sozialen Strukturierungen eines Lernsystems:

Plenum:

Ort für Vorträge, Überblicksdarstellungen, Platz der Koordination, an dem neue Arbeitsschritte vorgestellt bzw. gerade abgelaufene beendet werden. Ort für die Zusammenführung von Berichten; gemeinsamer und in diesem Sinne "öffentlicher" Raum der Gesamtgruppe. Die Diskussionsfähigkeit einer Lerngruppe im Gesamtplenum ist zumeist Ausdruck eines gelungenen Lernprozesses.

Themengruppe:

Ort für die vertiefende Bearbeitung eines Themas; Ort der Einübung von Teamarbeit. In Abgrenzung vom Plenum der intimere soziale Raum, in dem persönliche Erfahrungen veröffentlicht oder reflektiert werden können. Zentraler Arbeitsraum für viele Lernprozesse, z.B. Auswertung von Forschungsdaten, Vorbereitung von Plenarpräsentationen, Rollenspielen, Diskussionen.

Partnerarbeit:

Ort, an dem Kooperation eingeübt wird, in diesem Sinne "Basisgruppe" des organisatorischen Aufbaus. Gut geeignet für einfache Aufgabenstellungen, z.B. Quellenkritik, Textanalysen, aber auch Interviews, teilnehmende Beobachtung u.ä. Überall dort auch die kleinste Einheit, in der Entscheidungen in Bezug auf den Lernprozess getroffen werden können. Im Sinne des Gesamtlernprozesses auch erste Ebene der Kontrolle von Arbeitsaufträgen.

Einzelarbeit/Selbststudium:

Ort für Aufgabenstellungen, die im Rahmen eines Gesamtlernprozesses individuell gelöst werden sollen, z.B. individuelle Nachdenkphase bei erfahrungsorientierten Lernformen. Ort für das Selbststudium, z.B. auch in Onlinephasen.

 

10.4.8 Prozessorientierte Gesichtspunkte beim Aufbau einer Lerneinheit

Abb. 268 Der Lernprozess muss schließlich einer bewussten Reflexion zugeführt werden

Zwar hat fast jede Unterrichtsstunde einen irgendwie prozesshaften Aufbau, doch nicht jeder intuitiv gestaltete Lernprozess gelingt zur Zufriedenheit der Teilnehmer/innengruppe. Häufig entstehen Blockaden im Lehr-/Lernprozess, die erst durch nachträgliche Reflexion gelöst werden können.

Um solche Verstehens-Blockaden möglichst gering zu halten, werden bei prozessorientierter Arbeit die Kommunikationsstrukturen des Teilnehmer/innenfeldes bewusst in den Lernprozess miteinbezogen. Dies muss schon in der Planungsarbeit mitbedacht werden: Zu Beginn eines neuen Arbeitsprozesses braucht die/der Lehrende eine ausreichende Adressatinnen-/Adressatenanalyse. Diese Analyse ist als themenadäquate Bestimmung der Zielgruppe zu verstehen: Der erste Einstieg ins Thema kann beispielsweise als – mehr oder weniger spielerische – Erhebung über Motivation, Interessenslage, Vorwissen, Erwartungen und Befürchtungen der Teilnehmer/innen gestaltet werden.

Für eine adäquate Steuerung des Lernprozesses ist die laufende Beobachtung des inhaltlichen und des sozialen Geschehens im Verlauf eines Arbeitsprozesses erforderlich. Die/Der Lehrer/in als Koordinator/in dieses Prozesses braucht dafür regelmäßige Rückkoppelungsschleifen mit dem Lernsystem, um sich z.B. weitere Information über den Arbeitsfortschritt, die Qualität des Verstehens (oder das Ausmaß des Miß-verstehens) in der Lerngruppe zu verschaffen. Diese Information ist bei der Planung des nächsten Arbeitsschrittes zu berücksichtigen. Eine theoretische Unterstützung zur Beobachtung und Steuerung von Lernprozessen bietet das zirkuläre Modell.(siehe Einführung 1.6)

Allgemein ist wichtig, dass bei der Planung einer prozessorientierten Lernorganisation ausreichend Zeit für die Entfaltung der Kommunikation der Lerngruppe gegeben ist. Die themenbezogene und (!) die scheinbar themenferne Kommunikation (Tratsch), die Verarbeitungsprozesse durch die assoziativen Verknüpfungen in Arbeitsgesprächen und Diskussionen sind – neben der systematischen Entwicklung des Themas - die basalen Komponenten dieses Lernprozesses. Der Lernprozess muss schließlich einer bewussten Reflexion zugeführt werden, um für die Teilnehmer/innen selbst später nutzbar zu werden. Dies ist durch individuelle Reflexionsformen und Formen der Gruppenreflexion zu gewährleisten.

 

10.4.9 blended-learning - Der Wechsel von Präsenz- und Onlinephasen

Abb. 269 blended learning: Planung für online Phase im Kurs Neue Medien SS 2010

Der Einsatz Neuer Medien stellt im Unterricht eine zusätzliche Herausforderung an die Planungsarbeit dar: Die Komplexität der Lernorganisation erhöht sich, damit wachsen auch die Aufgaben für die Steuerung des Lernprozesses.

Die Webdidaktik beschäftigt sich derzeit besonders mit dem Konzept von "blended learning". "blended learning" beschreibt einen Unterrichtsaufbau bei dem Präsenz- und Online-Phasen in einer didaktisch begründeten "Mischung" abwechseln. Ein Teil des Unterrichts findet als übliche Präsenzveranstaltung statt, der andere Teil wird online gestaltet.

Dieses Modell ist auch für die Planung längerer Lernprozesse geeignet. Mögliche Anwendungsgebiete sind universitäre Lehrveranstaltungen oder verschiedenste projektorientierte Unterrichts- und Trainingsvorhaben.

Die Präsenzphasen haben vorrangig folgende Funktionen:

  • Koordinierung der Lernprozesse,
  • Entwicklung des sozialen Systems der Lerngruppe: Kennenlernen von Lehrenden und Lernenden, Klärung von Erwartungen, Interessen, Arbeits- und Kommunikationsregeln (Adressatenanalyse, Arbeitsvertrag),
  • Abklärung von Organisation, Thema, Zielen und Arbeitsablauf,
  • Präsentation und Diskussion von Arbeitsergebnissen,
  • Reflexion und Evaluation von Lern-/Arbeitsprozessen,

 

Die Online-Phasen dienen vor allem folgenden Funktionen:

  • (Interaktive) Bearbeitung der vereinbarten Aufgaben,
  • Onlinegestütztem Selbststudium (z.B. Internetrecherche, Lösung interaktiver Aufgaben),
  • Kollaboratives Arbeiten in virtuellen Gruppen,
  • Moderation des Arbeitsprozesses über (themenbezogene) Foren,
  • Synchrone Kommunikation zu spezifischen Fragestellungen im Lernprozess.

"Blended learning" erfordert einen erhöhten Planungsaufwand in der Vorbereitung und in der Evaluierung der einzelnen Arbeitsschritte (z.B. Produktion und Implementierung des Content; Auswahl der geeigneten "tools" bzw. Einrichtung der entsprechenden "workspaces" auf einer Lernplattform; eModeration der einzelnen Arbeitsaufgaben).

 

10.5 Zugang zut Planungsmatrix

Um zur Planungsmatrix zu gelangen, müssen Sie auf den Button Planungsmatrix klicken. Damit öffnet sich eine Seite Planungsmatrix auf geschichtsdidaktik.eu. Dort können Sie sich zur Orientierung die einzelnen Felder vorab ansehen.

Wollen Sie mit der Matrix arbeiten, müssen Sie sich registrieren und können anschließend sich mit Mailadresse und Passwort anmelden. Dann wird es für Sie möglich Ihre Matrix anzulegen.

 

Abb. 270 Registrierung für die Planungsmatrix

LITERATUR

Ecker, Alois (2012/2015). Bausteine einer Theorie der Prozessorientierten Geschichtsdidaktik. geschichtsdidaktik.eu/fileadmin/user_upload/p_geschichtsdidaktik/Team/Dateien_Alois_Ecker/Fachartikel_AE/2012_Ecker_Historikertag_Theorie_PO.pdf (Zugriff 18. April 2023)

Paireder, Bettina (oJ.). Didaktik online geschichtsdidaktik.eu/projekte-konferenzen/laufende-projekte/didaktik-online/ (Zugriff 18. April 2023)

 

 

 

Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 257 Planungsmatrix analog © Alois Ecker, fdz
  • Abb. 258 Anker Baukasten © Huis van Alijn [CC0 1.0], wikimedia commons
  • Abb. 259 the fallen column © George E. Koronaios, [CC BY-SA 4.0], wikimedia commons
  • Abb. 260 Matrix zur Planung (Sequenzierung) der Unterrichtsstunde © Alois Ecker, Bettina Paireder, CITRA
  • Abb. 261 Ausschnitt aus der neuen Planungsmatrix © klaus edel, dgpb Screenshot
  • Abb. 262 Zeitmanagement © Albrecht E. Arnold, www.pixelio.de
  • Abb. 263 Gruppenarbeit © Franz Lux, fdz
  • Abb. 264 Perspektivenwechsel © Georg Brand, www.pixelio.de
  • Abb. 265 Zusammenfassung © klaus edel, dgpb
  • Abb. 266 Bild als Einstieg © klaus edel, dgpb
  • Abb. 267 Plenum © Stephanie Hofschlaeger, www.pixelio.de
  • Abb. 268 Reflexion © Dieter Schütz, www.pixelio.de
  • Abb. 269 online Phase © klaus edel, dgpb
  • Abb. 270 Registrierung © klaus edel, dgpb