Verfassungsgesetz

vom 19. Juni 1934

betreffend den Übergang zur ständischen Verfassung

(Verfassungsübergangsgesetz 1934)(48)

Auf Grund des Artikels III. Absatz 2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. April 1934, B.G.Bl. I. Nr. 255, und mit Beziehung auf den Artikel 182 der Verfassung 1934 hat die Bundesregierung zur Neuregelung des Überganges zu der durch die Verfassung 1934 geschaffenen Neuordnung beschlossen:

Artikel I.

Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Alle gegenwärtig in Kraft befindlichen Gesetze und Verordnungen des Bundes und der Länder einschließlich der aus der Rechtsordnung des altösterreichischen Staates übernommenen Vorschriften bleiben, soweit sie nicht mit Bestimmungen der Verfassung 1934 in Widerspruch stehen oder dieses Bundesverfassungsgesetz, betreffend den Übergang zur ständischen Verfassung, nicht anderes bestimmt, als Bundes- oder Landesgesetze oder als Verordnungen des Bundes oder der Länder im Sinne der Verfassung in Geltung.

§ 2. (1) Insoweit die im § 1 bezeichneten Gesetze und Verordnungen mit organisatorischen Bestimmungen der Verfassung 1934 in Widerspruch stehen - insbesondere was die Zuständigkeit und Zusammensetzung der Behörden oder deren Eigenschaft als Bundes- oder Landesbehörden anbelangt -, gelten sie als sinngemäß abgeändert. Insbesondere gelten die folgenden Bestimmungen:

a) In den Angelegenheiten, deren Vollziehung bisher Bundessache war, nunmehr aber Landessache wird, endet der Rechtszug beim Lande, falls nicht der Bescheid der Landesinstanz, gegen den nach den bisherigen Vorschriften der Rechtszug an den zuständigen Bundesministern zulässig war, aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung stammt.

b) In den Angelegenheiten, deren Vollziehung bisher Landessache war, nunmehr aber Bundessache wird, ist der Bescheid der Landesinstanz endgültig, wenn er aus der Zeit vor dem Übergang der Zuständigkeit stammt, es sei denn, daß er einen Fall betrifft, in dem ein Antrag nach Artikel 12 Absatz 3 des Bundesverfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 vor dem 1. Juli 1934 bereits gestellt war oder noch gestellt werden konnte. Stammt der Bescheid der Landesinstanz aus der Zeit nach dem Übergang der Zuständigkeit, so geht der Rechtszug bis an den zuständigen Bundesminister, von den im § 36 dieses Bundesverfassungsgesetzes bezeichneten Zeitpunkten an jedoch nur dann, wenn in der Sache der Landeshauptmann als erste Instanz entschieden hat; andernfalls endet der Rechtszug beim Landeshauptmann.

(2) Wenn sich über die Anwendbarkeit oder über die Auslegung der Bestimmung des Absatzes 1 erster Satz Zweifel ergeben, kann je nach der Zuständigkeit des Bundes oder der Länder zur gesetzlichen Regelung des betreffenden Gegenstandes entweder die Bundesregierung oder die zuständige Landesregierung diese Angelegenheit bis zur Erlassung einer der Verfassung 1934 entsprechenden gesetzlichen Bestimmung vorläufig durch Verordnung regeln.

§ 3. Die in einzelnen Gesetzen dem Nationalrat (der Nationalversammlung) oder dem Bundesrat oder einem Ausschuß eines dieser Vertretungskörper auf dem Gebiete der Vollziehung eingeräumten Befugnisse übt bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung die Bundesregierung aus. Das bundesgesetzlich für bestimmte Verordnungen vorgesehene Erfordernis des Einvernehmens mit dem Hauptausschuß des Nationalrates entfällt.

Artikel II.

Zu einzelnen Artikeln des Bundes-Verfassungsgesetzes.

§ 4. Zu Artikel 1. Wo die im § 1 bezeichneten Gesetze und Verordnungen die Bezeichnung "Republik Österreich" gebrauchen, tritt an die Stelle dieser Bezeichnung die Bezeichnung "Bundesstaat Österreich".

§ 5. Zu Artikel 3 Absatz 2. (1) Die Bundesregierung veröffentlicht die bildliche Darstellung des Staatswappens Österreichs durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt. Das Staatswappen darf nur in der aus dieser Kundmachung ersichtlichen Ausführung und, wenn es mehrfarbig ausgeführt wird, nur in den im Artikel 3 Absatz 2 der Verfassung 1934 angegebenen Farben ausgeführt werden.

(2) Die auf Grund der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen bestehenden oder durch besondere behördliche Bewilligung erteilten Befugnisse zur Führung des Staatswappens nach der im Gesetz vom 8. Mai 1919, St.G.Bl. Nr. 257, enthaltenen Beschreibung gelten als Befugnisse zur Führung des im Artikel 3 Absatz 2 der Verfassung 1934 beschriebenen Staatswappens behördlich bewilligt wurde, dürfen dieses Staatswappen noch durch ein Jahr vom Tage der Kundmachung dieses Bundesverfassungsgesetzes an zu führen.

§ 6. Zu Artikel 3 Absatz 3. Je ein Exemplar des Siegelstockes wird vom Bundespräsidenten und vom Bundeskanzler verwahrt.

§ 7. Zu Artikel 11. Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung 1934 steht Vorschriften nicht im Wege, die die Selbständigkeit und Unabhängigkeit kollegial eingerichteter Verwaltungsorgane festsetzen.

§ 8. Zu Artikel 14. Die bisher geltenden Vorschriften über Schadensersatzhaftungen von Gebietskörperschaften und der als ihre Organe handelnden Personen bleiben bis auf weiteres in Kraft. Die Schadenersatzhaftung des Bundes und der richterlichen Beamten nach dem Gesetze vom 12. Juli 1872, R.G.Bl. Nr. 112 (Syndikatsgesetz), tritt nur im Falle eines vorsätzlich oder grob fahrlässig zugefügten Schadens ein.

§ 9. Zum zweiten Hauptstück. Das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, R.G.Bl. Nr. 142, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, das Gesetz vom 27. Oktober 1862, R.G.Bl. Nr. 87, zum Schutz der persönlichen Freiheit, das Gesetz vom 27. Oktober 1862, R.G.Bl. Nr. 88, zum Schutz des Hausrechtes und der Beschluß der Provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918, St.G.Bl. Nr. 3, sind aufgehoben.

§ 10. Zu Artikel 15. (1) Die Absätze 1 und 2 des Artikels 15 der Verfassung 1934 treten gleichzeitig mit dem Bundesgesetz in Kraft, das die österreichische Staatsbürgerschaft entsprechend den in diesen Absätzen aufgestellten Grundsätzen neu regelt. Bis zum Wirksamkeitsbeginn dieses Bundesgesetzes gelten die bisherigen bundesverfassungsgesetzlichen und bundesgesetzlichen Bestimmungen, und zwar auch hinsichtlich der Zuständigkeit des Bundes und der Länder zur Vollziehung.

(2) Bis zur Erlassung eines Grundsatzgesetzes des Bundes und von Ausführungsgesetzen der Länder über das Heimatrecht bleiben die gegenwärtig geltenden heimatrechtlichen Vorschriften einschließlich derer über die Verteilung der Vollziehung zwischen dem Bund und den Ländern in Kraft.

§ 11. Zu Artikel 21. Artikel III. der Strafgesetznovelle vom 1. Dezember 1931, B.G.Bl. Nr. 365, bleibt unberührt.

§ 12. Zu Artikel 34. Wo in Angelegenheiten des Artikels 34 der Verfassung 1934 in einem nach § 1 als Bundesgesetz weiter geltenden Gesetz eine Ermächtigung an die Landesgesetzgebung zur Erlassung bestimmter näher bezeichneter Ausführungsbestimmungen enthalten ist, gilt diese Ermächtigung als Ermächtigung im Sinne des Artikels 34 Absatz 2 der Verfassung 1934. Diese Bestimmung gilt insbesondere für die im Gesetz vom 27. Februar 1907, R.G.Bl. Nr. 59, enthaltenen Ermächtigung.

§ 13. Zu Artikel 34 Absatz 1 Zahl 1. Ein Berufsverband der Arbeiter und Angestellten in der Land- und Forstwirtschaft kann durch Bundesgesetz geschaffen und geregelt werden, bevor noch die einschlägigen Gesetze im Sinne des Artikels 36 Absatz 1 Zahl 8 der Verfassung 1934 erlassen worden sind. Die Vollziehung eines solchen Bundesgesetzes ist Bundessache. Ein solches Bundesgesetz tritt außer Kraft, wenn die seinen Gegenstand bildende Angelegenheit durch Gesetze geregelt ist, die unter Beobachtung der Zuständigkeitsbestimmungen des Artikels 36 Absatz 1 Zahl 8 und des Artikels 34 Absatz 1 Zahl 1 der Verfassung 1934 erlassen worden ist.

§ 14. Zu Artikel 34 Absatz 1 Zahl 7 und 15. (1) Bis zur Erlassung bundesgesetzlicher Bestimmungen über die Einrichtung des allgemeinen Sicherheitsdienstes gelten folgende Vorschriften: a) Die Bundespolizeibehörden unterstehen in allen ihre Organisation und Führung betreffenden Angelegenheiten einschließlich der Angelegenheiten des Sachaufwandes und der Personalangelegenheiten, unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 116 zweiter, dritter und vierter Satz der Verfassung 1934, unmittelbar dem Bundeskanzler.

b) Die bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Bundesgendarmerie bleiben in Geltung.

(2) Bis zur Erlassung bundesgesetzlicher Bestimmungen über die Befugnisse der Behörden auf dem Gebiete der allgemeinen Sicherheitspolizei können die mit der Führung solcher Angelegenheiten betrauten Behörden zum Schutz der gefährdeten körperlichen Sicherheit von Menschen oder der gefährdeten Sicherheit des Eigentums innerhalb ihres Wirkungskreises die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Anordnungen treffen und auf deren Nichtbefolgung Verwaltungsstrafen (Geld bis 1000 S, Arrest bis zu drei Monaten sowie Verfall der Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung bezieht) androhen. Solche Anordnungen dürfen nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Sie sind aufzuheben, sobald der Grund zu ihrer Erlassung weggefallen ist.

(3) Wachkörper im Sinne der Bestimmungen der Verfassung 1934 (Artikel 34 Absatz 1 Zahl 15 und Artikel 120 Absatz 3) sind bewaffnete oder uniformierte oder sonst nach militärischem Muster eingerichteten Formationen, denen Aufgaben polizeilichen Charakters übertragen sind. Zu den Wachkörpern in diesem Sinn sind insbesondere nicht zu zählen: das zum Schutz einzelner Zweige der Landeskultur, wie der Land- und Forstwirtschaft (Feld-, Flur- und Forstschutz), des Bergbaues, der Jagd, der Fischerei und anderer Wasserberechtigungen, aufgestellte Wachpersonal, die Organe der Marktaufsicht, der Feuerwehr.

§ 15. Zu Artikel 34 Absatz 1 Zahl 10. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung der Frage der Aufbringung der Kosten für die Regulierung und Instandhaltung der Gewässer sind die Bestimmungen des Gesetzes vom 4. Jänner 1909, R.G.Bl. Nr. 4, und des Hofkanzleidekretes vom 10. November 1830, P.G.S. Band 58, Nr. 106 (Wasserbau-Normale), sinngemäß anzuwenden.

§ 16. Zu Artikel 34 Absatz 1 Zahl 14. Die sich aus Anlaß des Überganges der Zuständigkeit auf dem Gebiete des Schutzes der Naturhöhlen (Bundesgesetz vom 26. Juni 1928, B.G.Bl. Nr. 169) an die Länder als notwendig ergebenden Überleitungsbestimmungen werden durch ein besonderes Bundesgesetz getroffen.

§ 17. Zu Artikel 34 Absatz 1 Zahl 16. (1) Der sich auf die Sicherung der einheitlichen Führung der Wirtschaft beziehende Teil der Bestimmung des Artikels 34 Absatz 1 Zahl 16 der Verfassung 1934 gilt auch für die Fortdauer der durch die kriegerischen Ereignisse der Jahre 1914 bis 1918 hervorgerufenen außerordentlichen Verhältnisse.

(2) Der Zeitpunkt, von dem an die in Absatz 1 bezeichneten außerordentlichen Verhältnisse als behoben anzusehen sind, wird durch Bundesgesetz festgestellt.

§ 18. Zu Artikel 36 Absatz 1 Zahl 1. Bis zur Erlassung eines Grundsatzgesetzes des Bundes und von Ausführungsgesetzen der Länder über das Armenwesen haben die Bestimmungen des IV. Abschnittes des Heimatgesetzes vom 3. Dezember 1863, R.G.Bl. Nr. 105, als Grundsatzgesetz des Bundes über das Armenwesen und die gegenwärtig geltenden Landesgesetze über das Armenwesen als Ausführungsgesetze der Länder zu gelten.

§ 19. Zu den Artikeln 37, 121 und 144. (1) Die derzeit in unmittelbarer Verwaltung des zuständigen Bundesministeriums stehenden Hochschulen, Bundeserziehungsanstalten und Speziallehranstalten bleiben in dieser Verwaltung.

(2) In Zukunft vom Bund errichtete oder neu in die Verwaltung des Bundes übernommene Hochschulen, Bundeserziehungsanstalten und Speziallehranstalten, die über den Interessenbereich eines Landes wesentlich hinausgehen, können gleichfalls in unmittelbarer Verwaltung des zuständigen Bundesministeriums geführt werden.

(3) Hinsichtlich der Hochschulen kann der zuständige Bundesminister die Geschäfte der Anweisung, Verrechnung und Auszahlung der bewilligten Bezüge und Dotationen entweder einer Dienststelle des Bundes oder dem Landeshauptmann übertragen.

§ 20. Zu Artikel 40 Absatz 2. Die Bestimmungen des § 14 Absatz 2 finden auch auf die Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei sinngemäß Anwendung; die nach dieser Bestimmung zulässigen Anordnungen können bis zu einer anderweitigen landesgesetzlichen Regelung von den Ortsgemeinden getroffen werden. Die Bestimmungen der Gemeindeordnungen über derartige Anordnungsbefugnisse auch auf anderen Gebieten der Ortspolizei bleiben unberührt.

§ 21. Zum vierten Hauptstück. (1) Solange die im Artikel 47 Absatz 4 der Verfassung 1934 vorgesehene bundesgesetzliche Regelung der Berufung der Mitglieder des Bundeskulturrates und die im Artikel 48 Absatz 3 der Verfassung 1934 vorgesehene bundesgesetzliche Regelung der Entsendung der Mitglieder des Bundeswirtschaftsrates nicht getroffen ist, gelten die folgenden Bestimmungen: 1. Die Berufungen in den Staatsrat nimmt der Bundespräsident vor. Sie erfolgen auf Vorschlag des Bundeskanzlers und bedürfen zu ihrer Gültigkeit seiner Gegenzeichnung. Der Vorschlag des Bundeskanzlers ist unter Beachtung der Bestimmungen des Artikels 46 Absätze 1, 3 und 5 und des Artikels 72 Absatz 1 der Verfassung 1934 zu erstatten.

2. Die Mitglieder des Bundeskulturrates und des Bundeswirtschaftsrates beruft der Bundespräsident. Sie müssen vaterlandstreue Bundesbürger sein und das 26. Lebensjahr vollendet haben. Auch diese Berufungen erfolgen auf Vorschlag des Bundeskanzlers und bedürfen zu ihrer Gültigkeit seiner Gegenzeichnung. Die Erstattung der Vorschläge an den Bundespräsidenten geschieht unter Beachtung der Bestimmungen des Artikels 47 Absatz 3 und des Artikels 72 Absatz 2 der Verfassung 1934 sowie nach Einholung gutächtlicher Äußerungen kultureller Gemeinschaften und beruflicher Organisationen. Der Bundespräsident kann auf Vorschlag des Bundeskanzlers Mitglieder des Bundeskulturrates und des Bundeswirtschaftsrates abberufen und an ihrer Stelle andere Mitglieder in diese vorberatenden Organe der Bundesgesetzgebung berufen. Solche Ab- und Neuberufungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers.

3. Die Zahl der gemäß Punkt 2 in den Bundeskulturrat zu berufenden Vertreter von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens, der Wissenschaft und Kunst, sowie die Zahl der unter Berücksichtigung der selbständigen und unselbständigen Berufsangehörigen in den Bundeswirtschaftsrat zu berufenden Vertreter der in Artikel 48 Absatz 4 der Verfassung 1934 angeführten berufsständischen Hauptgruppen bestimmt ein Bundesgesetz.

(2) Die nach Absatz 1 zur Bildung des Staatsrates, des Bundeskulturrates und des Bundeswirtschaftsrates erforderlichen Berufungen sind bis 31. Oktober 1934 zu vollziehen.

(3) Die Tätigkeitsdauer des nach den Absätzen 1 und 2 berufenen Bundeskulturrates währt bis zum Zusammentritt des Bundeskulturrates, dessen Mitglieder auf Grund des im Artikel 47 Absatz 4 der Verfassung 1934 vorgesehenen Bundesgesetzes werden berufen worden sein, die Tätigkeitsdauer des nach den Absätzen 1 und 2 berufenen Bundeswirtschaftsrates bis zum Zusammentritt des Bundeswirtschaftsrates, dessen Mitglieder auf Grund des im Artikel 48 Absatz 3 der Verfassung 1934 vorgesehenen Bundesgesetzes werden entsendet worden sein.

(4) Das vierte Hauptstück der Verfassung 1934 tritt am 1. November 1934 in Kraft, soweit sich nicht aus den Bestimmungen der vorherigen Absätze anderes ergibt.(49)

§ 22. Zu Artikel 69. Die Bestimmung des Artikels 69 Absatz 1 der Verfassung 1934 kommt das erstemal auf den Entwurf des Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben des Bundes für das Finanzjahr 1936 zur Anwendung.

§ 23. Zu Artikel 73 Absatz 5. Die Amtsdauer des gegenwärtig im Amt befindlichen Bundespräsidenten endet mit dem Tag der Eidesleistung des Bundespräsidenten, der nach dem Ablauf der Tätigkeitsdauer des nach § 21 Absätze 1 und 2 dieses Bundesverfassungsgesetzes berufenen Bundeskulturrates und Bundeswirtschaftsrates gemäß Artikel 73 der Verfassung 1934 gewählt worden sein wird.

§ 24. Zu Artikel 78 Absatz 3. (1) Das Gesetz vom 26. Februar 1920, St.G.Bl. Nr. 94, womit Artikel 7 des Gesetzes vom 14. März 1919, St.G.Bl. 180, über die Staatsregierung ergänzt wird, gilt als Bundesgesetz im Sinne des Artikels 78 Absatz 3..

(2) Die vom Präsidenten der Nationalversammlung auf den Bundespräsidenten übergegangenen Bestätigungsrechte (§ 25 Absatz 2 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des B.G.Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925) verbleiben dem Bundespräsidenten.

(3) Bis zu einer dienstrechtlichen Neuregelung steht dem Bundespräsidenten auch das Recht zu, von den Dienststrafbehörden über Bundesangestellte verhängte Dienststrafen zu erlassen oder zu mildern, deren Rechtsfolgen nachzusehen und anzuordnen, daß ein Dienststrafverfahren nicht eingeleitet oder das eingeleitete Dienststrafverfahren wieder eingestellt werde.

§ 25. Zu Artikel 79 Absatz 1. Die nach Artikel 66 Absatz 1 des Bundesverfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 ergangenen Entschließungen des Bundespräsidenten bleiben bis zu ihrer Abänderung durch den Bundespräsidenten aufrecht.

§ 26. Zu Artikel 90 Absatz 2. Die geltenden Bestimmungen über die Zahl der Bundesministerien und ihren Wirkungskreis bleiben bis zu ihrer Änderung durch Verordnung des Bundespräsidenten aufrecht.

§ 27. Zu Artikel 99. Artikel 99 der Verfassung 1934 gilt nicht für die Regelung der Gerichtsbarkeit über Österreicher im Ausland.

§ 28. Zu Artikel 102 Absatz 4. (1) In der Zeit bis 30. Juni 1935 können Richter, ohne daß es eines gerichtlichen Erkenntnisses bedarf, von Amts wegen an eine andere Stelle oder in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand versetzt werden, wenn ihr Verbleiben auf ihrem Dienstposten oder im richterlichen Dienste überhaupt dem Ansehen der Rechtspflege offenbar zum Abbruch gereichen, insbesondere die Unparteilichkeit der Rechtsprechung nicht mehr gewährleisten würde.

(2) Die im Absatz 1 vorgesehenen Verfügungen werden vom Bundesminister für Justiz nach Anhörung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes oder des zuständigen Oberlandesgerichtes getroffen. Ist die amtswegige Versetzung eines Richters in den Ruhestand in Aussicht genommen, so sind die bestimmungen des § 82 Absatz 1 des Gesetzes vom 25. Jänner 1914, R.G.Bl. Nr. 15, sinngemäß anzuwenden.

§ 29. Zum sechsten Hauptstück. (1) Solange die im Artikel 108 Absatz 4 der Verfassung 1934 vorgesehenen landesgesetzliche Regelung nicht erfolgt ist, gelten die folgenden Bestimmungen:

1. Die Mitglieder der Landtage werden unter Beachtung der im Artikel 108 der Verfassung 1934 für die Landesgesetzgebung aufgestellten Grundsätze nach Einholung gutächtlicher Äußerungen kultureller Gemeinschaften und nach Einholung von Vorschlägen der Vaterländischen Front, die nach Fühlungnahme mit beruflichen Organisationen im Lande zu erstatten sind, sowie nach Anhörung der übrigen Mitglieder der Landesregierung vom Landeshauptmann ernannt.

2. Im Sinne des Punktes 1 sind in jeden Landtag höchstens 36 Mitglieder zu berufen. Die Festsetzung der Gesamtzahl und die kulturellen Gemeinschaften und auf die im Artikel 48 Absatz 4 der Verfassung 1934 angeführten berufsständischen Hauptgruppen des Landes bedarf der Genehmigung des Bundeskanzlers. Diese ist binnen einem Monat nach der Kundmachung dieses Bundesverfassungsgesetzes unter Vorlage eines Planes der zahlenmäßigen Aufteilung anzusprechen.

3. Die zur Bildung des Landtages erforderlichen Berufungen sind bis 31. Oktober 1934 zu vollziehen. Der Landeshauptmann kann von ihm berufene Landtagsmitglieder abberufen und unter Einhaltung des vom Bundeskanzler genehmigten Aufteilungsplanes an ihrer Stelle andere Mitglieder in den Landtag berufen.

4. Die Tätigkeitsdauer der bisherigen Landtage läuft mit dem 31. Oktober 1934 ab. Mit diesem Tage treten auch alle nach dem 1. Februar 1934 erlassenen Landesverfassungsgesetze außer Kraft, durch die Befugnisse der Landtage, insbesondere das Recht zur Gesetzgebung, an Organe der Landesvollziehung übertragen wurden.

5. Die Tätigkeitsdauer eines nach den Punkten 1 bis 3 berufenen Landtages währt bis zum Zusammentritt des Landtages, dessen Mitglieder auf Grund des im Artikel 108 Absatz 4 der Verfassung 1934 vorgesehenen Landesgesetzes berufen worden sein werden.

(2) Das sechste Hauptstück der Verfassung 1934 tritt am 1. November 1934 in Kraft, soweit sich nicht aus dem Absatz 1 anderes ergibt.

§ 30. Zu Artikel 111. Das im Artikel 111 der Verfassung 1934 geregelte Verfahren findet auf Gesetzesbeschlüsse von Landtagen, die vor dem 1. November 1934 beim zuständigen Bundesministerium eingelangt sind, sowie auf vor diesem Zeitpunkt eingelangte Verordnungen, die auf Grund landesverfassungsgesetzlicher Ermächtigung zur Erlassung gesetzändernder Verordnungen von Vollziehungsorganen der Länder in Aussicht genommen werden, noch keine Anwendung. Auf solche Gesetzesbeschlüsse und Verordnungen sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

§ 31. Zu Artikel 113. Vor dem 1. November 1934 kann ein Landtag vom Landeshauptmann mit Zustimmung des Bundeskanzlers aufgelöst werden. In diesem Falle werden die Befugnisse des Landtages, seiner Ausschüsse und Organe bis zu dem bezeichneten Zeitpunkte vom Landeshauptmann ausgeübt. Die dem Bund nach dem Bundesverfassungsgesetz in der Fassung von 1929 und nach dem Finanzverfassungsgesetz gegenüber Gesetzesbeschlüssen des Landtages zustehenden Befugnisse werden hiedurch nicht berührt. Die Bestimmungen der bezeichneten Verfassungsgesetze des Bundes sind auf die vom Landeshauptmann an Gesetzes statt in Aussicht genommenen Verordnungen sinngemäß anzuwenden.

§ 32. Zu Artikel 114. (1) Die Bestimmungen des Artikels 114 Absätze 2 bis 10 der Verfassung 1934 treten am 1. November 1934 in Kraft, soweit sich nicht aus den Absätzen 2 und 3 anderes ergibt..

(2) Ein auf Grund der bisherigen Bestimmungen bestellter Landeshauptmann bleibt, falls ihn der Bundeskanzler nicht abberuft, im Amt, bis nach dem Zusammentritt des Landtages, dessen Mitglieder auf Grund des Artikels 108 Absatz 4 der Verfassung 1934, vorgesehenen Landesgesetzes berufen worden sein werden, ein neuer Landeshauptmann gemäß dem Artikel 114 Absatz 4 der Verfassung 1934 ernannt sein und sein Amt angetreten haben wird. Hat der Bundeskanzler von seinem Abberufungsrecht Gebrauch gemacht, so ernennt er den Nachfolger.

(3) Die übrigen auf Grund der bisherigen Bestimmungen bestellten Mitglieder der Landesregierung bleiben, falls sie der Bundeskanzler nicht abberuft, im Amt, bis ihre Neubestellung auf Grund des Artikels 114 Absatz 5 der Verfassung 1934 erfolgt ist. Diese Neubestellung hat nach dem 1. November 1934 unverzüglich zu erfolgen. Hat der Bundeskanzler von seinem Abberufungsrecht Gebrauch gemacht, so erfolgt die Neubestellung durch den Landeshauptmann. Die nach dem 1. November 1934 auf Grund dieses Absatzes bestellten Mitglieder der Landesregierung bleiben im Amt, bis der nach dem Zusammentritt des Landtages, dessen Mitglieder auf Grund des im Artikel 108 Absatz 4 der Verfassung 1934 vorgesehenen Landesgesetzes werden berufen worden sein, ernannte der Landeshauptmann andere Personen zu Mitglieder der Landesregierung auf Grund des Artikels 114 Absatz 5 der Verfassung 1934 ernannt hat.

(4) Der Bund trägt vom 1. November 1934 an die Bezüge des Landeshauptmannes und des Landesstatthalters. Die Höhe dieser Bezüge wird durch Bundesgesetz festgesetzt. Bis zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gelten für die Entschädigung des Landeshauptmannes die Bestimmungen der §§ 6, 7, 8 und 9 Absätze 1 bis 3 des Gesetzes vom 29. Juli 1924, B.G.Bl. Nr. 282. Die Entschädigung des Landesstatthalters beträgt bis dahin 80 vom Hundert der dem Landeshauptmann nach § 9 des genannten Gesetzes gebührender Entschädigung zuzüglich der Familienzulage und der Mietzinsbeihilfe.

(5) Absatz 4 gilt nicht für die bundesunmittelbare Stadt Wien.

§ 33. Zu Artikel 115 Absatz 1. Sind Dienststellen der Länder (Artikel 115 der Verfassung 1934) in Gebäuden des Bundes untergebracht oder befinden sich in diesen Gebäuden des Bundes untergebracht oder befinden sich in diesen Gebäuden Dienstwohnungen für Bedienstete der genannten Dienststellen, so bleiben diese Gebäude dem Lande dauernd zur unentgeltlichen Benützung für die bezeichneten Zwecke in demselben Umfang überlassen, in dem sie ihm auf Grund des § 8 Absatz 6 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des B.G.Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, überlassen wurden. Die Bestimmung dieses Übergangsgesetzes, wonach das Nähere über die Erhaltung und Verwaltung dieser Gebäude durch Vereinbarung zwischen Bund und Land geregelt wird, bleibt aufrecht. An dem durch die Bestimmungen der beiden letzten Sätzen des § 8 Absatz 6 und durch die Bestimmung des § 8 Absatz 7 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1925 in der Fassung des B.G.Bl. Nr. 368 vom Jahre 1925, bewirkten Rechtszustandes wird nichts geändert.

§ 34. Zu Artikel 115 Absatz 5. (1) Bis zur Regelung des Dienstrechtes der öffentlich-rechtlichen bediensteten nach Artikel 36 Absatz 1 Zahl 9 der Verfassung 1934 sind die Bundesangestellten der Dienststellen der Länder Staatsbedienstete unter der Diensthoheit des Bundes. Die grundgesetzliche Regelung hat bis längstens 31. Dezember 1934 zu erfolgen. Binnen drei Monaten nach der Erlassung des Grundsatzgesetzes sind die Ausführungsgesetze der Länder zu erlassen..

(2) Die Staatsbediensteten, die unter der Diensthoheit des Bundes oder des Landes stehen, werden in das nach Absatz 1 geregelte Dienstverhältnis durch den Landeshauptmann mit Zustimmung des Bundeskanzlers überführt. Dabei gilt der Mangel der für einen Dienstzweig vorgeschriebenen Fachprüfung für jene Staatsbediensteten als nachgesehen, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes eine mindestens zehnjährige tatsächliche Dienstzeit in einem sonst gleichzuhaltenden Dienstzweig zurückgelegt haben.

§ 35. Zu Artikel 115 Absatz 6. (1) Gegenwärtig bereits bestellte Bezirkshauptmänner und mit der Leitung der Angelegenheiten des öffentlichen Sicherheitsdienstes betraute Beamte der Landeshauptmannschaften sind auf Verlangen des Bundeskanzlers abzuberufen.

(2) Die gegenwärtig im Amte befindlichen Landesamtsdirektoren werden Regierungsdirektoren; sie sind auf Verlangen des Bundeskanzlers abzuberufen.

§ 36. Zu Artikel 117 Absatz 4. Artikel 117 Absatz 4 der Verfassung 1934 tritt für die Angelegenheiten des Wasserrechtes am 1. Jänner 1935, für die Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie am 1. Januar 1936, für die übrigen Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung am 1. Juli 1934 in Wirksamkeit. Er findet auf Fälle, in denen der Bescheid des Landeshauptmannes aus einer früheren Zeit stammt, noch keine Anwendung. In diesen Fällen bleibt der Rechtsweg an den zuständigen Bundesminister zulässig, falls ein solcher bis dahin möglich war.

§ 37. Zu Artikel 120 Absatz 1. Die Organisation des Denkmalschutzes im Bereich der Länder und der Stadt Wien bleibt bis zum 1. Jänner 1936 bestehen.

§ 38. Zu Artikel 120 Absatz 4. (1) Die bestehenden Dienstvorschriften für die Organe der Bundespolizeibehörden bleiben in Wirksamkeit, solange sie nicht nach Artikel 120 Absatz 4 der Verfassung 1934 abgeändert werden.

(2) Bis zur Erlassung bundesgesetzlicher Bestimmungen über die Einrichtung des allgemeinen Sicherheitsdienstes können durch die im Artikel 120 Absatz 4 der Verfassung 1934 bezeichneten Verordnungen den Polizeibehörden unbeschadet der dort festgesetzten Voraussetzungen Geschäfte auf den gleichen Verwaltungsgebieten zugewiesen werden, wie sie bereits bestehende Bundespolizeibehörden führen. Den Organen der Bundessicherheitswache steht die Befugnis zum Waffengebrauch in demselben Umfang zu wie den Organen der Bundesgendarmerie.

(3) Der Bundeskanzler kann die Bundespolizeidirektion in Wien durch Verordnung mit der Führung von Zentralevidenzen für Zwecke der Sicherheitsbehörden betrauen und kann sie zur Mitwirkung bei Amtshandlungen anderer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet heranziehen.

§ 39. Zum achten Hauptstück. (1) Solange die Bestellung des Gemeindetages nicht entsprechend den Bestimmungen der Verfassung 1934 landesgesetzlich geregelt ist, gelten die folgenden Bestimmungen:

1. Die gegenwärtigen Gemeindevertretungen (Gemeinderäte) werden Gemeindetage im Sinne der Verfassung 1934. Sie bleiben in ihrer dermaligen Zusammensetzung bestehen, wenn der zuständige Landeshauptmann nicht an Stelle von Mitgliedern, deren Mandate erloschen sind, andere Personen zu Mitgliedern ernennt oder den Gemeindetag aufgelöst und andere Personen zu Mitgliedern des Gemeindetages ernennt.

2. Bei der im Punkt 1 vorgesehenen teilweisen oder gänzlichen Erneuerung des Gemeindetages hat der Landeshauptmann unter sinngemäßer Beachtung der im Artikel 127 der Verfassung 1934 für die Landesgesetzgebung aufgestellten Grundsätze vorzugehen. Die Ernennungen sind nach Einholung gutächtlicher Äußerungen der in Betracht kommenden kulturellen Gemeinschaften und nach Einholung von Vorschlägen der Vaterländischen Front, die nach Fühlungnahme mit beruflichen Organisationen in der Gemeinde zu erstatten sind, sowie nach Anhörung der übrigen Mitglieder der Landesregierung zu vollziehen. Im Falle einer gänzlichen Erneuerung sind mindestens 6 und höchstens 36 Mitglieder des Gemeindetages abberufen und an ihrer Stelle andere Mitglieder zu ernennen.

3. Die Tätigkeitsdauer eines Gemeindetages währt bis zum Zusammentritt des Gemeindetages, dessen Mitglieder auf Grund des in der Verfassung 1934 vorgesehenen Landesgesetzes werden berufen worden sein. Die gegenwärtigen Bürgermeister (Gemeindevorsteher, Regierungskommissäre) bleiben, wenn sie nicht vom Landeshauptmann abberufen werden, im Amte, bis der neue Bürgermeister sein Amt angetreten hat.

(2) Das achte Hauptstück der Verfassung 1934 tritt am 1. Juli 1934 in Kraft, soweit sich nicht aus dem Absatz 1 anderes ergibt.

§ 40. Zu Artikel 123. (1) Die bisherigen politischen Bezirke werden Verwaltungsbezirke.

(2) Die bisherigen autonomen Bezirke bleiben bis zu einer dem Artikel 123 Absatz 4 der Verfassung 1934 entsprechenden landesgesetzlichen Regelung bestehen. Diese Regelung hat bis zum 31. Dezember 1935 zu erfolgen. Bezüglich der Grenzen der autonomen Bezirke und ihrer Änderungen gelten sinngemäß die Bestimmungen des Artikels 123 Absatz 2 der Verfassung 1934 über die Grenzen der Verwaltungsbezirke und deren Änderung.

(3) Durch Landesgesetz können die Angelegenheiten bestimmt werden, in denen der Rechtszug von der Ortsgemeinde und vom Ortsgemeindeverband unmittelbar an die Landesregierung geht. Die Finanzgebarung der Ortsgemeinden ist der Landesregierung unmittelbar untergeordnet.

§ 41. Zu Artikel 124. Die bisherigen Städte mit eigenem Statut werden landesunmittelbare Städte.

§ 42. Zu Artikel 126 Absatz 2. (1) Rechtskundige Verwaltungsbeamte, die gegenwärtig zu Leitern von Gemeindeämtern von gemeinden über 10.000 Einwohner bestellt sind, sind auf Verlangen der Landesregierung abzuberufen.

(2) Die Landesregierung kann gegenwärtig im Amte befindliche nicht rechtskundige Leiter von Gemeindeämtern von Gemeinden über 10.000 Einwohner (Stadtsekretäre, Gemeindesekretäre) vorläufig im Amte belassen, wenn die bisherigen Leistungen dieser Leiter eine klaglose Führung der Geschäfte verbürgen. In solchen Fällen ist die Bestimmung des Artikels 126 Absatz 2 zweiter Satz spätestens bei der Bestellung des Nachfolgers des gegenwärtigen Leiters anzuwenden.

(3) Macht die Landesregierung von der ihr im Absatz 2 eingeräumten Ermächtigung nicht Gebrauch, so muß der rechtskundige Leiter spätestens mit 1. März 1935 bestellt werden.

§ 43. Zum neunten Hauptstück. Das neunte Hauptstück der Verfassung 1934 tritt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen am 1. November 1934 in Kraft:

1. Die Amtsdauer des gegenwärtig im Amt befindlichen Bürgermeisters endet - abgesehen von dem Falle seiner Abberufung durch den Bundeskanzler -, sobald gemäß dem in der Verfassung 1934 vorgesehenen Stadtrecht die Wiener Bürgerschaft gebildet ist und der auf Grund ihres Dreiervorschlages vom Bundespräsidenten ernannte Bürgermeister sein Amt angetreten hat.

2. Bis zum Zusammentritt der gemäß dem in der Verfassung 1934 vorgesehenen Stadtrecht gebildeten Wiener Bürgerschaft ist die vom Bürgermeister auf Grund der Stadtordnung der Bundeshauptstadt Wien vom 31. März 1934, L.G.Bl. für Wien Nr. 20, gebildete Wiener Bürgerschaft für die Aufgaben zuständig, die nach der Verfassung 1934 der Wiener Bürgerschaft zukommen. Insbesondere übt sie das Gesetzgebungsrecht aus. Jeder ihrer Gesetzesbeschlüsse bedarf der Zustimmung des Bürgermeisters.

3. Bis zur Erlassung des in der Verfassung 1934 vorgesehenen Stadtrechtes gilt die Stadtordnung der Bundeshauptstadt Wien vom 31. März 1934, L.G.Bl. für Wien Nr. 20, weiter, soweit sie nicht mit Bestimmungen der Verfassung 1934 oder dieses Bundesverfassungsgesetzes in Widerspruch steht.

§ 44. Zu Artikel 145. Soweit die Anwendbarkeit einer Vorschrift davon abhängt, daß ein Akt im Bereich mehrerer Länder wirksam werden soll, ist diese Vorschrift auch dann anwendbar, wenn der Akt im Bereich eines Landes und der Bundeshauptstadt Wien wirksam werden soll. § 45. Zum zehnten Hauptstück. Das zehnte Hauptstück der Verfassung 1934 tritt am 1. November 1934 in Kraft.

§ 46. Zum elften Hauptstück. Das elfte Hauptstück der Verfassung 1934 tritt am 15. Juli 1934 in Kraft.

§ 47. Zu Artikel 154. Wird eine Person, die an der Leitung oder Verwaltung einer unter die Bestimmung des Artikels 154 der Verfassung 1934 fallenden Unternehmung beteiligt ist, zum Mitglied des Rechnungshofes ernannt, so darf diese Person ihre Beteiligung an der Leitung oder Verwaltung der Unternehmen längstens bis zum Ablauf des Geschäfts- oder Verwaltungsjahres der Unternehmung fortzusetzen, wenn dies ohne Gegenleistung der Unternehmung geschieht und der Bundespräsident es als im öffentlichen Interesse gelegen gestattet. Eine solche Erstattung erfolgt auf Vorschlag des Bundeskanzlers und bedarf zu ihrer Gültigkeit seiner Gegenzeichnung.

§ 48. Zum zwölften Hauptstück. (1) Das zwölfte Hauptstück der Verfassung 1934 tritt am 15. Juli 1934 in Kraft.

(2) Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes treten mit Ablauf des 14. Juli 1934 kraft Gesetzes in den dauernden Ruhestand, wenn sie nicht vorher mit Wirksamkeit vom 15. Juli 1934 zu Mitgliedern des Bundesgerichtshofes (Artikel 177 Absatz 1 der Verfassung 1934) ernannt oder auf ihr Ansuchen in den sonstigen richterlichen Dienst oder in den Verwaltungsdienst des Bundes, eines Landes oder der Stadt Wien übernommen werden. Hat ein auf Grund dieser Bestimmung in den dauernden Ruhestand getretenes Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes am 15. Juli 1934 das sechzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so können ihm Ruhestandsverhältnisse die Begünstigungen des § 2 des Bundesgesetzes vom 18. August 1932, B.G.Bl. Nr. 247, in sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung vom Bundeskanzler zuerkannt werden. Auf die vor dem 15. Juli 1934 mit Wirksamkeit von diesem Tage erfolgenden Ernennungen zu Mitgliedern des Bundesgerichtshofes findet der Artikel 177 Absätze 2 bis 4 der Verfassung 1934 bereits Anwendung; vor solchen Ernennungen sind der Präsident und der Vizepräsident des Bundesgerichtshofes zu hören.

(3) Die Tätigkeit der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes endet mit dem 14. Juli 1934.

(4) Vor dem 1. November 1934 werden die Mitglieder des Bundesgerichtshofes, durch deren Zuziehung der Verfassungssenat dieses Gerichtshofes gemäß Artikel 179 Absatz 1 der Verfassung 1934 zu verstärken ist (außerordentliche Mitglieder) und ihre Ersatzmänner vom Bundespräsidenten ernannt, ohne daß Dreiervorschläge des Staatsrates und des Länderrates einzuholen wären. Diese Ernennung erfolgt auf Vorschlag der Bundesregierung und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers. Die Funktion der außerordentlichen Mitglieder und ihrer Ersatzmänner, die nicht auf Grund von Dreierwahlvorschlägen ernannt wurden, endet, sobald nach Bildung des Staatsrates die außerordentlichen Mitglieder und Ersatzmänner vom Bundespräsidenten gemäß Artikel 179 Absatz 2 der Verfassung 1934 auf Grund von Dreiervorschlägen des Staatsrates und des Länderrates ernannt worden sein werden. Diese Ernennungen sind nach dem 1. November 1934 ohne Verzug zu vollziehen.

(5) Die beim Verwaltungsgerichtshof und die beim Verfassungsgerichtshof gegenwärtig anhängigen und vor dem 15. Juli 1934 anhängig werdenden Rechtssachen gehen mit dem 15. Juli 1934 kraft Gesetzes auf den Bundesgerichtshof über. Die vom Verfassungsgerichtshof an den Bundesgerichtshof übergegangenen Rechtssachen sind mit Ausnahme der Beschwerden wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vom Verfassungssenat des Bundesgerichtshofes (Artikel 179 der Verfassung 1934) in Behandlung zu nehmen. In einer auf ihn übergegangenen Rechtssache ist der Bundesgerichtshof - unbeschadet der Bestimmungen der §§ 51 und 53 dieses Bundesverfassungsgesetzes - dann zuständig, wenn in dieser Rechtssache zur Zeit der Einleitung des Verfahrens entweder der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof zuständig war. Wurde eine Rechtssache beim Verwaltungsgericht anhängig gemacht, obwohl für sie der Verfassungsgerichtshof zuständig gewesen wäre, so obliegt ihre Verhandlung und Entscheidung, falls es sich nicht um eine Beschwerde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte handelt, dem Verfassungssenat. Wurde eine Rechtssache beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht, obwohl für sie der Verwaltungsgerichtshof zuständig gewesen wäre, so ist sie vom Verfassungssenat an den Senat des Bundesgerichtshofes abzutreten, dem sie zugewiesen worden wäre, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof auf den Bundesgerichtshof übergegangen wäre. Auf das Verfahren des Bundesgerichtshofes in den auf ihn übergegangenen Rechtssachen finden die Bestimmungen des im Artikel 180 der Verfassung 1934 vorgesehenen Bundesgesetzes Anwendung.

§ 49. Zu Artikel 164 Absatz 3. Die Bestimmungen des Artikels 164 Absatz 3 zweiter und dritter Satz der Verfassung 1934 gilt nicht für Fälle, in denen der Bescheid der ersten Instanz aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes stammt.

§ 50. Zu Artikel 164 Absatz 4. Wo spezialgesetzliche Bestimmungen die Zuständigkeit des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes vorsehen, tritt vom 15. Juli 1934 angefangen, an die Stelle dieser Gerichtshöfe der Bundesgerichtshof. Die Verhandlung und Entscheidung der Rechtssachen, für die sondergesetzlich der Verfassungsgerichtshof zuständig ist, obliegt dem Verfassungssenat.

§ 51. Zu Artikel 169. Die Bestimmungen des Artikels 169 der Verfassung 1934 gelten nicht für Verordnungen, die vor dem 1. Juli 1934 unmittelbar oder mittelbar auf Grund von Gesetzen (Verfassungsgesetzen) ergangen sind, die Organe der Vollziehung zur Erlassung gesetzändernder Verordnungen ermächtigt haben.

§ 52. Zu Artikel 169 Absatz 2. Die Vorschrift des Artikels 169 Absatz 2 zweiter Satz der Verfassung 1934 ist nur dann anwendbar, wenn weder der Verfassungsgerichtshof noch der Bundesgerichtshof die Gesetzwidrigkeit der Verordnung (Verordnungsbestimmung) bereits festgestellt hat.

§ 53. Zu Artikel 170. Die Bestimmungen des Artikels 170 der Verfassung 1934 gelten nicht für Gesetze, die vor dem 1. Juli 1934 kundgemacht wurden.

§ 54. Zu Artikel 176 Absatz 1. Die ordentlichen Gerichte sind zur Vollstreckung der Erkenntnisse des Bundesgerichtshofes zuständig, wenn es sich um vermögensrechtliche Ansprüche handelt und der Bundesgerichtshof in der Sache selbst entschieden hat, ferner wenn das Erkenntnis Verfahrenskosten, Mutwillens- oder Ordnungsstrafen betrifft.

§ 55. Zu Artikel 181. § 7 Absätze 5 bis 7 des Finanzverfassungsgesetzes, B.G.Bl. Nr. 61 vom Jahre 1931, ist mir Rücksicht auf den Artikel 111 der Verfassung 1934 von der Weitergeltung des Finanzverfassungsgesetzes ausgenommen.

Artikel III.

Wirksamkeitsbeginn.

§ 56. (1) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt am 1. Juli 1934 in Kraft.

(2) Soweit dieses Bundesverfassungsgesetz nichts anderes bestimmt, treten die Bestimmungen der Verfassung 1934 gleichzeitig mit ihm in Kraft. Soweit einzelne Teile der Verfassung 1934 erst in einem späteren Zeitpunkt Wirksamkeit erlangen, gelten bis dahin die bisherigen einschlägigen verfassungsgesetzlichen Bestimmungen weiter, falls durch dieses Bundesverfassungsgesetz nicht anderes bestimmt wird.

(3) Die Bestimmung des Artikels III Absatz 2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. April 1934, B.G.Bl. I. Nr. 255, über außerordentliche Maßnahmen im Bereich der Verfassung bleibt bis zum Ablauf der Tätigkeitsdauer des nach § 21 Absätze 1 und 2 dieses Bundesverfassungsgesetzes, betreffend den Übergang zur ständischen Verfassung, berufenen Bundeskulturrates und Bundeswirtschaftsrates in Geltung.

(4) Die vor dem 30. April 1934 kundgemachten Verfassungsgesetze oder Verfassungsbestimmungen des Bundes, die nicht infolge ihres Widerspruches mit Bestimmungen der Verfassung 1934 oder dieses Bundesverfassungsgesetzes außer Kraft treten, haben nur noch die Kraft einfacher Bundesgesetze, sofern sie nicht nach Artikel 181 der Verfassung 1934 als Verfassungsgesetze zu gelten haben.

§ 57. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes und der Verfassung 1934 ist die Bundesregierung betraut.

Dollfuß, Starhemberg, Schuschnigg,

Neustädter-Stürmer, Buresch, Stockinger,

Schönburg, Ender, Fey, Kerber, Schmitz

Das verfassungsmäßige Zustandekommen dieses Bundesverfassungsgesetzes wird beurkundet.

Miklas

Dollfuß, Starhemberg, Schuschnigg,

Neustädter-Stürmer, Buresch, Stockinger,

Schönburg, Ender, Fey, Kerber, Schmitz

 

(http://www.verfassungen.at/at34-38/index34.htm Zugriff 22. Juni 2020)