Frauen und Erwerbsarbeit - Sag mir, wo die Frauen sind!


Abb. 5 Frau in Führungsposition

Sabine Mandl

Die Geschichte der Gleichstellungspolitik zeigt, dass Frauen in den letzten Jahrzehnten vieles erreicht und Teilerfolge erzielt haben. Im Bildungssystem haben Frauen beispielsweise aufgeholt – 56,1 % der Erstabschlüsse an Universitäten wurden von Frauen erzielt. Auch an den höheren Schulen liegt der Frauenanteil bereits bei 54,86 %. (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2007)(1)

Wie sieht es nun am Arbeitsmarkt aus? Können Frauen ihren Bildungsvorteil nützen? Kommen sie in Führungspositionen und gestalten sie Unternehmenspolitik aktiv mit? Gibt es nach wie vor frauen- und männer dominierte Berufsgruppen? Wie sieht es mit dem Einkommen aus? Teilen sich Frauen und Männer den Lohnkuchen gerecht? Im Folgenden soll die Erwerbsarbeit von Frauen hinsichtlich Beschäftigungsquoten, Struktur der Erwerbsarbeit, Führungspositionen, Arbeitszeit, Einkommen und unbezahlter Arbeit analysiert werden.

 

1. Frauen drängen auf den Arbeitsmarkt

Für Österreich lässt sich in den letzten 50 Jahren eine deutlich zunehmende Erwerbsbeteiligung der Frauen konstatieren. 1951 gehörten 35 % der Frauen (bezogen auf die Gesamtbevölkerung) dem Arbeitskräfte-Potential an; 2006 waren es 45 %. Die Erwerbstätigenquote der 15- bis 64-jährigen lag im Jahr 2006 schon bei 64 % für Frauen und 77 % für Männer. (Statistik Austria 2007a, 18) Oft gilt die Arbeit von Frauen aber nicht als „existenzsichernd“,(2) was im Wesentlichen aus einer Kombination von einer Tätigkeit in niedrig entlohnten Branchen und kurzen Arbeitszeiten resultiert. (Arbeiterkammer 2006, 13)

 

2. In welchen Berufen sind sie anzutreffen?

Weiters lohnt sich ein Blick in die Struktur der Erwerbstätigkeit, die sich in den letzten 50 Jahren massiv verändert hat. Ausgehend von der Hälfte des letzten Jahrhunderts, wo mehr als ein Drittel der Frauen noch im landwirtschaftlichen Familienbetrieb tätig war, hat sich dieser Anteil 2006 auf 6 % reduziert. Der überwiegende Teil der Frauen arbeitet heute im Dienstleistungsbereich – 81 %, gefolgt von der Produktion – 13 %. (Statistik Austria 2007a, 23ff ) Diese starke Konzentration von Frauen auf bestimmte Berufe wird schon bei den Lehrlingen sichtbar. Im Jahr 2006 wurde beinahe die Hälfte aller weiblichen Lehrlinge in nur drei Berufen ausgebildet: Einzelhandel 24 %, Bürokauffrau 12,5 %, Friseurin 12 %. Hingegen sind nur ca. ein Viertel der Burschen in den für sie wichtigsten Lehrberufen – Kraftfahrzeugtechnik 7,5 %, Elektroinstallationstechnik 5,6 %, Maschinenbautechnik 5,3 % und Einzelhandel 5,1 % – anzutreffen.(3)

In Österreich ist der Arbeitsmarkt stark segregiert, d.h. es gibt eine deutliche Trennung zwischen Frauen- und Männerberufen. Die am stärksten von Frauen dominierten Branchen sind „Gesundheit und Soziales“ (77 % der Beschäftigten sind Frauen), gefolgt von „Unterricht“ (hier sind es rund 65 %) und „sonstigen Dienstleistungen“ bzw. „Beherbergung und Gaststätten“ (beide rund 61 %). (Arbeiterkammer 2006, 16) Auch in der schulischen Ausbildungssituation finden sich dazu Parallelen. Schulen, die auf eine Berufslaufbahn in wirtschaftlichen Berufen vorbereiten, werden zu mehr als 90% von Mädchen besucht. Der Mädchenanteil an gewerblichen, technischen und kunstgewerblichen höheren Schulen liegt dagegen nur bei etwa einem Viertel. Ähnliche Zahlen finden sich bei den an diesen Schulen Unterrichtenden. In Schulen mit einem technischen oder gewerblichen Schwerpunkt sind lediglich 19,4 % des Lehrpersonals weiblich, während in Schulen für wirtschaftliche Berufe 78,9 % Lehrerinnen unterrichten. In den AHS (60,7 %) und Polytechnischen Schulen (50,9 %) liegen die Werte dazwischen. (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2007)

 

3. Die gläserne Decke

Abb. 9 gläserne Decke

Neben dieser horizontalen Trennung spricht man auch von einer vertikalen Teilung des Arbeitsmarktes, damit ist die Präsenz von Frauen in Führungspositionen(4) gemeint. Laut einer Studie sind auf höchster Führungsebene(5) in österreichischen Unternehmen lediglich 11,3 % Frauen anzutreffen. (Bundesministerium für Gesundheit und Frauen 2006, 28f.) Auf der Ebene der Abteilungsleiter/innen erhöht sich der Anteil auf 32,8 %. Im Vergleich zur Europäischen Union, basierend auf den Ergebnissen der Europäischen Arbeitskräfteerhebung 2004, rangiert Österreich im Mittelfeld mit einem Anteil von 28 % Frauen in Führungspositionen (inkl. Abteilungsmanagerinnen). Zu den Ländern mit einem hohen Anteil von Frauen in führenden Funktionen gehören Irland (39 %) und Frankreich (35 %). Die großen wirtschaftlichen Fortschritte Irlands haben die Positionierung der Frauen am Arbeitsmarkt positiv beeinflusst. Auch Frankreich hat seit langem die Gleichstellung der Geschlechter groß geschrieben. Darüber hinaus stellt der kurze Mutterschaftsurlaub in Kombination mit flächendeckenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten kar riere fördernde Rahmenbedingungen dar. (Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Frauen 2006, 28f.)

In Norwegen gilt seit 1. Jänner 2009 eine 40 %ige Frauenquote in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen. Bei Nichteinhaltung droht die Schließung der Firmen. Die große Mehrheit der 463 betroffenen Unternehmen setzte die Frauenquote jedoch um. (www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,537270,00.html, Zugriff 3. August 2010) Vor Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2006 gehörten den Aufsichtsräten 18 % Frauen an. Die Quote wurde hier als frauenfördernde Maßnahme eingesetzt, die kurzfristig zur Erhöhung des Frauenanteils auf Führungsebene führte.

 

4. Teilzeit ist weiblich

Abb. 10 Grafik Beschäfigungsform nach Geschlecht

 Das Ausmaß der Arbeitszeit ist ein weiterer Indikator für die Integration von Frauen am Arbeitsmarkt. Anhand der Daten wird deutlich, dass der Anteil der sog. atypischen Beschäftigungsverhältnisse deutlich zugenommen hat. Der Fokus wird hier auf die Teilzeitbeschäftigung gelegt,(6) da Frauen mit 84 % aller Teilzeiterwerbstätigen das Gros ausmachen. (Statistik Austria 2007a, 31) Teilzeit ist also geschlechtsspezifisch determiniert, denn nur 6 % der Männer im Vergleich zu 42 % der Frauen gehen Teilzeitbeschäftigungen nach. Demgegenüber arbeiten in nordischen Ländern mit vergleichbar hohen Teilzeitquoten deutlich mehr Männer kürzer als in Österreich; so sind in Finnland 9 % und in Schweden 12 % teilzeitbeschäftigt. (Vgl. www.dnet.at/elis/  (Zugriff 3. August 2010), sowie Arbeiterkammer 2006, 18) Interessant erscheint auch, dass die Teilzeitquote in Österreich bei den 35- bis 39-jährigen Frauen mit 51 % am höchsten liegt. Mehr als die Hälfte der Frauen führt „familiäre Gründe“ als Motiv für ihre Teilzeitarbeit an. (Arbeiterkammer 2006, 33) Der Anteil der Frauen, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, nimmt generell mit der Zahl der Kinder zu, während dies bei Männern nicht der Fall ist. (www.eds-destatis.de/de/downloads/sif/nk_05_04.pdf, Zugriff 3. August 2010) Darüber hinaus sind teilzeitbeschäftigte Frauen kaum in Führungspositionen anzutreffen; nur jede zehnte Frau hält eine Führungsstelle inne; bei Männern liegt der Anteil bei einem Prozent. (Bundesministerium für Gesundheit und Frauen 2006, 35f.)

 

5. Einkommensunterschiede anhaltend hoch

Abb. 11 Lohngleichheit jetzt. Winterthur 2019

Im Jahr 2006 haben Frauen im Median 10,4 Euro in der Stunde verdient, Männer rund 14,3 Euro – das entspricht einer Stundenlohndifferenz von 27 %. Die Unterschiede zwischen Monats- und Jahreseinkommen sind mit 31,6 % bzw. 37,6 % noch höher gelegen. Hier fallen zusätzlich geringere Wochen- und Jahresarbeitszeiten der Frauen ins Gewicht.(7) Diesen Berechnungen liegen alle Beschäftigungsverhältnisse zugrunde, d.h. zwischen Teilzeit und Vollzeit wird hier nicht unterschieden. Wenn der Fokus nur auf die ganzjährig Vollzeitbeschäftigten gelegt wird, um die geschlechtsspezifisch bedingte unterschiedliche Arbeitszeitverteilung auszublenden, beträgt der Unterschied zwischen Frauen und Männern noch 22 %. (Statistik Austria 2007a, 39) Im Rahmen einer Kampagne der EU-Kommission „Close the gender pay gap“(8) belegt Österreich im Länderranking nur Platz 26. Frauen verdienen in diesem EU-Vergleich um 25,5 % weniger als Männer.

In bestimmten Lebens- und Berufsphasen sind die Einkommensunterschiede stärker ausgeprägt als in anderen. Vor allem in der mittleren Berufsphase – zwischen 30 und 45 Jahren – liegen die Einkommen der Frauen deutlich niedriger als die der Männer. In diese Altersgruppe sind berufliche Karrieresprünge (die meist von Männern umgesetzt werden) und intensive „Phasen der Familienarbeit“ in Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern (die vor allem von Frauen wahrgenommen werden) besonders häufig. (Bundeskanzleramt 2008, 16) Die Tatsache, dass Frauen in dieser Phase ihres Lebens häufig auf Teilzeitarbeit zurückgreifen, wirkt sich besonders negativ auf ihre langfristigen Einkommensperspektiven aus. Zum einen sind die Dienstverhältnisse(9) auf Basis von Teilzeitarbeit meist kürzer als Vollzeitbeschäftigungen, was sich in einem niedrigeren Einkommen niederschlägt, und zum anderen können die Aufstiegschancen aufgrund fehlender länger fristiger Betriebszugehörigkeit nicht genutzt werden. Das unterschiedliche Einkommen zwischen Frauen und Männern erklärt sich neben der „geschlechtsspezifischen Arbeitszeitstruktur“ und der „Erwerbsunterbrechung aufgrund Familiengründung“ auch dadurch, dass Frauen oft in Branchen bzw. Berufsgruppen mit einem niedrigen Lohnniveau anzutreffen sind.

Abb. 12 Einkommensunterschiede in diversen Branchen

Abb. 13 Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede

Wie schon oben erwähnt zählen dazu das Beherbergungs- und Gaststättenwesen, Gesundheit und Soziales und der Handel. Das Unterrichtswesen, das Kredit- und Versicherungswesen, die Energie- und Wasserversorgung sowie die öffentliche Verwaltung – auch frauendominierte Bereiche – bieten höhere Verdienstmöglichkeiten. (Rechnungshof 2008, 43) Jedoch verdienen beispielsweise Akademikerinnen(10) im Finanzsektor im Schnitt 42.000 Euro, ihre männlichen Kollegen 52.000 Euro im Jahr. Mit der Berufswahl erfolgt für die Frauen nicht nur die Platzierung in einem Einkommenssegment, sondern auch die relative Positionierung gegenüber den Männern im gleichen Berufsfeld. Der Einkommensunterschied zwischen Wissenschafter/innen im Vergleich ihres Jahreseinkommens liegt bei 25,8 %, bei Hilfsarbeiter/innen sogar bei 46,5 %. (Bundeskanzleramt 2008, 21) Die Interpretation dieser Zahlen legt nahe, dass die Ausbildung der Frauen ein wichtiger Indikator bei der Einkommensverteilung ist. Dennoch sind deutliche Disparitäten auch unter Akademiker/innen zu erkennen:

auf der höchsten Hierarchieebene sind mehr Männer als Frauen vertreten. Von den Universitätsabsolventinnen sind 39 % in hoch qualifizierten und führenden Positionen in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst tätig, von den Absolventen jedoch 55 %. (Statistik Austria 2007a, 30)

 

6. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Abb. 14 gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Auch für gleiche Arbeit erhalten Frauen nicht den gleichen Lohn wie Männer – geschätzt werden rund 10 % bis 15 % reine Lohndiskriminierung. (Vgl. Arbeiterkammer 2006, 32) In diesem Zusammenhang wird auf eine Studie(11) der Wiener Wirtschaftsuniversität verwiesen, in der Karrieren von WU-Absolventinnen/ Absolventen(12)  über einen Zeitraum von zehn Jahren analysiert wurden. Nach zehn Jahren hatten die männlichen WU-Abgänger im Schnitt 15,2 Angestellte unter sich, die weiblichen Kolleginnen 3,7. Finanziell ausgedrückt verdienten die Frauen um 61.000 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen (hier wurden bereits Karenzzeiten von Frauen berücksichtigt). Die Ergebnisse wurden von Studienautor Guido Strunk folgendermaßen kommentiert: „Frauen haben auch deshalb geringere Aufstiegschancen, weil sie einfach Frauen sind.“ (http://diestandard.at/1231152517275/Studie-Weil-sie-einfach-Frauen-sind Zugriff 20/. September 2010)

 

7. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Abb. 15 Geschlechtsspezifischer Anteil an unbezahlter Arbeit

Frauen arbeiten oft in schlecht bezahlten Berufen, nehmen häufig Teilzeitarbeit an, sind in höchsten Führungsebenen kaum vertreten und verdienen im Durchschnitt um 27 % weniger als Männer. Im Folgenden sollen mögliche Faktoren identifiziert werden, die die unterschiedliche Positionierung von Frauen und Männern im Erwerbsleben maßgeblich beeinflussen.

7.1 Unbezahlte Arbeit

Wenn das Thema in seiner Vielschichtigkeit erfasst werden soll, geht kein Weg daran vorbei, neben der bezahlten Arbeit auch die unbezahlte Arbeit zu beleuchten. Frauen tragen die Hauptlast der unbezahlten Arbeit, die einen nicht unbeträchtlichen Anteil an der gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftsleistung hat. Frauen engagieren sich neben ihrer Erwerbsarbeit – zeitmäßig noch zu einem größeren Anteil – in Betreuungstätigkeiten und Hausarbeit. Frauen arbeiten 28 Wochenstunden unbezahlt, davon 8 Stunden Kinderbetreuung; Männer 7 Wochenstunden unbezahlt, davon 2,5 für Kinderbetreuung.(13) Je mehr unbezahlte Arbeit verrichtet wird, je weniger Zeit steht für Erwerbsarbeit, Aus- und Fortbildung oder einfach Freizeit zur Verfügung. Das freie Zeitbudget bestimmt somit in zentraler Weise die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe. Die zeitliche Bindung von Frauen bedeutet weniger Zeitressourcen für bezahlte Arbeit, weniger Zeit für Bildung. Ohne gleiche Zeitressourcen sind Gleichstellung am Arbeitsmarkt, gerechte Einkommensverteilung und damit ökonomische Gleichstellung nicht möglich. (Vgl. Arbeiterkammer 2006, 67)

7.2. Familienleistung vs. Frauenförderung

Abb. 16 Frau und Familie

Abb. 17 Chefin (Frau und Beruf)

Abb. 18 Lokführerin

Abb. 19 Väterkarenz

Familien- und Frauenpolitik sind nach wie vor untrennbar miteinander verbunden, denn Familienleistungen betreffen noch immer in einem viel größeren Ausmaß Frauen als Männer, wenn es beispielsweise um die Entscheidung geht, den Beruf infolge von Familiengründung zu unterbrechen – nur 3,3 % Männer beziehen Kinderbetreuungsgeld. (Statistik Austria 2007a, 49) Der Großteil der österreichischen Familienförderung geht in direkte Geldleistungen wie Kinderbetreuungsgeld, Wochengeld, Familienbeihilfe usw. und weniger in Sachleistungen(14), beispielsweise den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. In nordischen Ländern sowie in Frankreich wird verstärkt in Sachleistungen investiert, was mit einer anderen Familienpolitik erklärbar ist. Im europäischen Kontext wird sichtbar, dass vor allem wirtschaftspolitische und soziokulturelle Veränderungen innerhalb einer Gesellschaft das Modell von der Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie prägen und deshalb muss die Geschlechterfrage immer wieder neu diskutiert werden. Aus familienpolitischer Hinsicht könnte ein Ziel folgender Maßen lauten: Jede Frau, jeder Mann soll die Wahlmöglichkeit haben, entweder berufliche Karriere zu machen bzw. bei den Kindern zu Hause zu sein ODER beide Elternteile entscheiden sich für Beruf und Familie (in diesem Zusammenhang soll auf die Möglichkeit der Elternteilzeit(15) verwiesen werden). Die Politik ist gefragt, dafür die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen, und die Gesellschaft aufgefordert, ein Klima herzustellen, in dem alle Lebensmodelle Akzeptanz und Wertschätzung finden. Auch die Schule kann hier in Bezug auf die Geschlechtergerechtigkeit aufklären und sensibilisieren.

7.3. Traditionelle Rollenbilder über Bord

Insbesondere wenn es um den Arbeitsmarkt geht, wird nach wie vor mit geschlechtsspezifischen Zuschreibungen argumentiert. Frauen werden mit Eigenschaften wie „sozial kompetent“, „teamorientiert“ und „ausdauernd“ belegt, wohingegen Männer mit Merkmalen wie „durchsetzungsstark“, „ehrgeizig“ und „leistungsorientiert“ beschrieben werden. Wenn Frauen verstärkt den Arbeitsmarkt für sich erobern wollen, d.h. den gleichen Zugang zu allen Ebenen und Berufsfeldern erschließen möchten, bedarf es auch der persönlichen Überschreitung der sozial definierten Grenzen – der Überwindung von gesellschaftlich tradierten Bildern in den Köpfen. Hier kann die Schule als wichtige Sozialisationsinstanz ihren Beitrag leisten und in Form einer gender-sensiblen Pädagogik auf rollentypische Einstellungs- und Verhaltensmuster aufmerksam machen bzw. Platz für rollenuntypische Erfahrungen schaffen. Jedes Individuum soll die Möglichkeit haben, sich stetig neu definieren zu können.

 

8. Rechtliche Verankerung

Abb. 20 Gesetzliche Grundlagen

Die Analyse und Interpretation der Daten über die Situation am Arbeitsmarkt hat ergeben, dass die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern weder horizontal – Positionierung in den einzelnen Berufsfeldern, usw. – noch vertikal – auf der Führungsebene – annähernd erreicht ist. Ein Verweis auf rechtliche Grundlagen soll Aufschluss geben, inwieweit zumindest formal die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern insbesondere in der Arbeitsgesellschaft festgeschrieben ist.

Der Gleichheitssatz ist in Art. 7 der Österreichischen Bundesverfassung verankert:

Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“

Bundesgesetz über die Gleichbehandlung, BGBl. I Nr. 66/2004

„§ 3 Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

     

  1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses,
  2. bei der Festsetzung des Entgelts,
  3. bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen,
  4. bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und Umschulung,
  5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen,
  6. bei den sonstigen Arbeitsbedingungen,
  7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“

Darüber hinaus finden Sie weitere Informationen zu österreichischen Rechtsquellen sowie zum Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union und zu Internationalen Konventionen hinsichtlich „Gleichstellung am Arbeitsmarkt“ in der vom Bundeskanzleramt herausgegebenen Broschüre „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“, Online unter: www.frauen.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=20829 (Zugriff 5. August 2010)

 

9. Maßnahmen und Strategien für bessere Chancen für Frauen am Arbeitsmarkt

Abb. 21 "Maßnahmen"

Zum Abschluss gibt ein Auszug aus dem Maßnahmenkatalog eines Forschungsprojektes, das im Rahmen der „Entwicklungspartnerschaft KLARA!(16) Netzwerk für Equal Pay und Gendergleichstellung am Arbeitsmarkt“ ausgearbeitet wurde, Einblicke, wie Hindernisse für Frauen im Erwerbsleben abgebaut werden könnten.

  • Aufwertung von Frauenarbeit
  • Weiterentwicklung von beruflichen Frauennetzwerken
  • Anreize zur Angleichung von bezahlter Berufs-Arbeit und unbezahlter Sorge-Arbeit bei Frauen und Männern
  • Ausbau von öffentlicher Infrastruktur, z.B. Kinderbetreuungseinrichtungen
  • Zielsetzungen zur innerbetrieblichen Gleichstellung von Frauen und Männern und Controlling dieser Maßnahmen
  • Bessere Durchsetzung von Gleichbehandlungsgesetzen
  • Maßnahmen zur Herstellung von Einkommenstransparenz
  • Spezielle Förderung von Frauen und Mädchen
  • Sensibilisierungsmaßnahmen und ­ -kampagnen

Auch eine im Rahmen dieses Unterrichtsmoduls „Frauen und Erwerbsarbeit“ durchgeführte Kurzumfrage(17) mit fünf Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft ergab ähnliche Ergebnisse. Auf die Frage nach Strategien zur Erhöhung des Frauenanteils auf den Führungsebenen wurden folgende Antworten gegeben:

  • Überwindung des traditionellen Rollenbildes der Frau als Mutter
  • Mehr Frauensolidarität für arbeitende Mütter
  • Frauennetzwerke fördern
  • Selbstbewusstsein von Frauen stärken
  • Unternehmen sollen teilzeitbeschäftigte Frauen för­dern, damit sie in Führungspositionen gelangen
  • Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen

Damit wird sichtbar, dass ein Bündel von Maßnahmen und Strategien im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, der Unternehmenskultur, auf rechtlicher sowie auf psychosozialer Ebene noch notwendig sein wird, um Frauen und Männern die gleichen Chancen einzuräumen, sich im Beruf sowie im familiären Bereich zu verwirklichen.

dgpb © Sabine Mandl

 

 

LITERATUR

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