Editorial


Abb. 1 Herbst

Hanna-Maria Suschnig

"Die Stadt lag inmitten blühender Farmen, Weizenfeldern und Obstgärten. Entlang der Straßen erfreuten Lorbeer, Erlen, Farne und Wildblumen den Reisenden. Der Frühling tauchte die Landschaft in ein weißes Blütenmeer, der Herbst verwandelte die Eichen- und Ahornwälder in ein Feuerwerk an Farben. Füchse bellten in den Hügeln, Rotwild strich durch die Felder und im Winter suchten unzählige Singvögel die Hecken am Straßenrand auf, um sich von den Beeren und Samen zu ernähren. Die Landschaft war für die Artenvielfalt an Vögeln berühmt, und wenn im Frühling und im Herbst die Schwärme der Zugvögel hier Halt machten, kamen die Menschen von weit her, um sie zu beobachten. Andere kamen, um in den klaren Flüssen Forellen zu fischen. So war es gewesen, seit die ersten Siedler ihre Häuser und Scheunen bauten und ihre Brunnen schlugen.

Plötzlich beschlich eine rätselhafte Seuche die Landschaft und zerstörte die Harmonie. Mysteriöse Krankheiten rafften das Geflügel dahin, Rinder und Schafe starben. Viele Bauernfamilien beklagten Krankheits- und Todesfälle in ihren Familien und die Ärzte in den Städten standen vor einem Rätsel. Es war ungewöhnlich still, nicht ein Vogel war zu hören, die Futterstellen der Vögel blieben leer, die wenigen Vögel, die man noch sah, wanden sich im Todeskrampf. Auf den Bauernhöfen legten die Hennen Eier, es schlüpften aber keine Küken aus, die neugeborenen Ferkel überlebten nur wenige Tage. Die Apfelbäume blühten, aber keine einzige Biene summte zwischen den Ästen, und kein Leben regte sich mehr in den Flüssen. In den Dachrinnen, in den Rinnsalen am Straßenrand sah man Reste eines körnigen weißen Pulvers, das wie Schnee vor einigen Wochen über die Dächer, Wiesen und Wälder gerieselt war. Aber es war weder Hexerei noch Feindeshand, die diese Stille übers Land gebracht hatte. Die Menschen selbst hatten das getan." (gekürzt aus: Carson 32007, 15–16)

Abb. 2 Rachel Carson

Abb. 3 1969 Santa Barbara(CA) Oil Spill

In ähnlichen, ausführlicheren Worten entwirft die Biologin Rachel Carson(1) 1962 in „A Fable for Tomorrow“, dem ersten Kapitel ihres Bestsellers „Silent Spring“ (Carson 1962), ein fiktives Szenario, wie sich scheinbar harmlose Mengen des Insektengifts DDT(2) in der Nahrungskette anreichern und was es heißt, solcherart in die Natur einzugreifen. „Silent Spring“ ist ein Sachbuch der besonderen Art, denn Rachel Carson verbindet wissenschaftliche Erkenntnisse mit für Laien verständlichen Beschreibungen ökologischer Zusammenhänge und poetischen Landschaftsbeschreibungen, die ihrer Liebe zur belebten Natur entstammen. Sie postuliert damit einen umweltpädagogischen Grundsatz, der auch heute, 50 Jahre später, gilt: "Nur wer die Natur kennt und liebt, kann sie schützen."

Der Erfolg von Silent Spring machte Rachel Carson zu einer Ikone der amerikanischen Umweltschutzbewegung. Der politisch- gesellschaftliche Diskurs über die Verantwortlichkeit von Wissenschafter/innen, die Auswirkungen menschlicher Eingriffe in die Natur aufzuzeigen, war damit eröffnet. Die Aufmerksamkeit der amerikanischen Öffentlichkeit Umweltfragen gegenüber wuchs zusätzlich durch die bis dahin größte Ölpest der USA im Jänner 1969(3) bei Santa Barbara, als sich 10 km vor der Küste Kaliforniens geschätzte 14.000t Rohöl ins Meer ergossen. Folgerichtig beschloss der amerikanische Kongress diverse Maßnahmen zur Abschätzung der ökologischen und sozialen Folgen von technologischen Entwicklungen, beispielsweise verpflichtete der 1969 verabschiedete National Environmental Policy Act(4) die Bundesbehörden zu Umweltverträglichkeitsprüfungen und zur Vorlage von Umweltberichten. 1970 wurde in den USA erstmals der „Earth Day“ begangen, mittlerweile machen am 22. April weltweit Aktionist/innen in 175 Ländern auf Fragen des Umweltschutzes aufmerksam.

Weitere Impulse für planmäßige Umweltpolitik ergaben sich aus den vom Club of Rome initiierten und 1972 veröffentlichten Prognosen in „Die Grenzen des Wachstums“ (Meadows De., Meadows Do. & Zahn 1972), allerdings zeichnete Dennis Meadows, einer der Studienautoren, auch noch bei dem im November 2012 von der Volkswagenstiftung zum 40. Jahrestag des Erscheinens des Ökoklassikers veranstalteten Symposium wiederum ein durchaus düsteres Bild des Zustands unserer Erde, obwohl, so wie Meadows es formuliert, es doch sehr leicht sei, etwas zu verändern, denn: “You don't need to change the world. Just behave in a way that, if everybody did the same, would change the world.” (https://mobile.twitter.com/Fischblog/status/273472009038606338, Zugriff 26.Juli 2013)

Amerikanische Historiker/innen forderten ab etwa 1970 die Risiken technologischer Entwicklungen auch aus historischer Perspektive zu erforschen, und der dafür notwendige institutionelle Rahmen wurde mit der Gründung der Amerikanischen Gesellschaft für Umweltgeschichte(5) im Jahr 1977 geschaffen.

Umweltgeschichte als Teil der Geschichtswissenschaft fand erst in den 1980er-Jahren Eingang in den europäischen Wissenschaftsbetrieb und blieb über lange Zeit stark an regionalen und/oder nationalen Interessen orientiert. Seit 1999 versucht die Europäische Gesellschaft für Umweltgeschichte/ European Society for Environmental History (eseh.org, Zugriff 26. Juli 2013) umwelthistorische Forschung und Lehre zu fördern, als Netzwerk zu fungieren, die Institutionalisierung von Umweltgeschichte im Schulbereich sowie in universitären Ausbildungseinrichtungen voranzutreiben und als Bindeglied zwischen umweltgeschichtlicher Forschung und ihren Ergebnissen und politischen Entscheidungsträgern sowie der Öffentlichkeit zu agieren. Ähnliche Ziele verfolgen in Österreich das 2003 gegründete Zentrum für Umweltgeschichte bzw. das Institut für Soziale Ökologie der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Trotzdem ist Umweltgeschichte noch nicht zu einem selbstverständlichen Thema im historisch-politischen Unterricht der Sekundarstufen I und II geworden, eine Tatsache, der in diesem Themendossier zur Didaktik der Politischen Bildung entgegengewirkt werden soll.

 

Forschungsfragen der Umweltgeschichte

Abb. 4 Agrargesellschaften

Abb. 5 Industriegesellschaften

Was erforscht die Umweltgeschichte und welches Verständnis von Zeit liegt ihr zugrunde? Umweltgeschichte untersucht, wie sich die Bedingungen menschlichen Lebens durch die von Menschen bewusst vorgenommene Gestaltung der Umwelt geändert haben und ändern. Entscheidend dabei ist die Frage, welche Schauplätze und welcher Zeitrahmen die Eckpunkte der jeweiligen Untersuchung bestimmen. Führende Umwelthistoriker/innen wie Verena Winiwarter oder Joachim Radkau plädieren dafür, sowohl mikro- wie makrohistorische Zugänge und auch längere Zeitabschnitte zu wählen.

eriodisierungsvorschläge der Umweltgeschichte orientieren sich oft an Energiegewinnung als Leitmotiv, so kann wie bei der Wirtschafts- und Sozialgeschichte auch in diesem Zusammenhang in Agrargesellschaften, die auf Holznutzung angewiesen waren, und Industriegesellschaften, in denen vorwiegend fossile Brennstoffe verwendet wurden, unterteilt werden. Christian Pfister verknüpft Energie, Produktion und Konsum zur Charakterisierung der Epoche des Wirtschaftsaufschwungs der Nachkriegsjahre, ein Phänomen, das er „1950er Syndrom“ nennt. (Pfister 1995) Deren Bevölkerung – zumindest in der westlichen Welt – zog Nutzen aus billigem Erdöl und einer boomenden Konsumgüterindustrie, hatte allerdings auch erhöhte Schadstoffproduktion zu verantworten, was den Soziologen Ulrich Beck veranlasste, 1986 den Begriff Risikogesellschaft dafür zu prägen. (Beck 1986) Die 1970er-Jahre stellen eine weitere Zäsur aus umwelthistorischer Sicht dar, da aufgrund der Ölpreisschocks von 1973/74 und 1979 Umweltthemen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Raum gegeben wurde und seit damals Ressourcenknappheit und Nachhaltigkeit vielerorts thematisiert werden. Bereits aus der Terminologie der letzten beiden Zeitabschnitte wird ersichtlich, dass negative Konnotationen in Titeln wissenschaftlicher Publikationen sowie journalistischer Beiträge das nach Verena Winiwarter prekäre Verhältnis zwischen Mensch und Natur (Winiwarter & Knoll 2007, 44) zum Ausdruck bringen und so auf Gefahren aufmerksam machen sollen, die durch unseren oftmals sorglosen Umgang mit unserer Umwelt hervorgerufen werden.

 

Umweltgeschichte und Schulunterricht

Abb. 6 Umgang mit der Umwelt

Lange bevor in Österreich eine breite bildungspolitische Debatte um Kompetenzorientierung begann, wurde die Verantwortlichkeit, ökologische Einsichten von Schülerinnen/Schülern und ihre Sensibilisierung gegenüber unterschiedlichen Wertvorstellungen hinsichtlich unseres Umgangs mit der natürlichen und von Menschen veränderten Umwelt zu fördern, den Lehrenden übertragen. 1985, und 1994 als Wiederverlautbarung, wurde mittels Grundsatzerlass das Unterrichtsprinzip Umwelterziehung (BMUK 1994) in Österreichs Schulen eingeführt, um Lehrer/innen zu verpflichten, ihre Schüler/innen bei der Entwicklung von ökologischem Handlungsbewusstsein zu unterstützen.

Ohne explizit die historische Dimension in der Auseinandersetzung mit Umwelt auszudrücken, finden sich in der Zielformulierung des Grundsatzerlasses Umwelterziehung sehr wohl Hinweise, dass die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Umwelt in historischer Längsschnittperspektive analysiert werden muss, um zur Entwicklung eines zukünftig umweltorientierten Verhaltens beizutragen: „Umwelterziehung soll eine umfassende Sichtweise der komplexen Zusammenhänge unserer Umwelt und der aus ihrer Veränderung erwachsenden Probleme ermöglichen. Sie wird dem Lernenden die Auseinandersetzung mit der natürlichen, sozialen und gebauten Umwelt erschließen und ihn erkennen lassen, daß die Verflechtung ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Einflüsse zum gegenwärtigen Zustand unserer Umwelt geführt haben.“ (BMUK 1994)

Unterrichtsprinzipien sind per definitionem in jedem Unterrichtsfach umzusetzen, daher auch interdisziplinär anzulegen. Damit ergibt sich eine Wesensverwandtschaft mit der Umweltgeschichte, die nicht nur auf die historischen Teildisziplinen der Stadt-, Technik- oder Wirtschaftsgeschichte angewiesen ist, sondern beispielsweise auch Erkenntnisse der Historischen Geografie, der Geobotanik, der Forstwirtschaft, der Klimaforschung, der Kartografie oder der Landschaftsökologie berücksichtigen muss.

Was in der Wissenschaft interdisziplinär ist, wird auch im Schulunterricht über die Fächergrenzen hinweg erarbeitet, das findet sowohl Ausdruck in den Bezeichnungen der Unterrichtsfächer Biologie und Umweltkunde, Geschichte und Sozialkunde bzw. Geografie und Wirtschaftskunde, aber auch zwischen den einzelnen Unterrichtsgegenständen wird die Verknüpfung der Wissenschaftsdisziplinen angestrebt. Betrachtet man Umweltgeschichte auch als Teil der Politikbzw. Gesellschaftsgeschichte werden Bezüge zu Politikwissenschaft und Ökonomie sichtbar.

Seit der Veröffentlichung des Grundsatzerlasses wird Umwelterziehung auch als Beitrag zur Förderung demokratischer Bildung und damit als Baustein der Politischen Bildung verstanden, da sie das Spannungsfeld unterschiedlicher Wertvorstellungen und Interessen zu Natur und Umweltschutz für die Schüler/innen sichtbar macht und im Sinne einer diskursiven Unterrichtsarbeit die Förderung demokratischer Einstellungen und Verhaltensweisen und die Entwicklung von Kompromissbereitschaft und Konfliktlösungsstrategien ermöglicht. In vielen neueren Publikationen wird der Umweltgeschichte im historisch-politischen Unterricht die Aufgabe zugeschrieben, Grundlagenwissen für die Lösung ökologischer Probleme bereitzustellen. (Winiwarter et al. 2007, 20) Indem Schüler/innen exemplarisch Erkenntnisse und Einsichten über die Wechselwirkungen zwischen Natur und Gesellschaft gewinnen, in problemorientierten Aufgabenstellungen die Umwelt beobachten und ihre Rechercheergebnisse in diskursiv angelegten Unterrichtseinheiten thematisieren, kann dieses Ziel verfolgt werden.

Abb. 7 Umgang mit Ressourcen

Das vorliegende Themendossier bietet in zwei überblicksartig angelegten Aufsätzen Basisinformationen für Lehrer/ innen zu ausgewählten Schwerpunkten. Verena Winiwarter thematisiert in ihrem Beitrag die Bedeutung umwelthistorischer Fragestellungen im Rahmen des historisch-politischen Unterrichts und geht somit auf die – neben Herrschaft, Wirtschaft und Kultur – vierte Kategorie historischer Betrachtung ein. Sie spricht in ihrem Text sowohl den Umgang mit Ressourcen in der Zeit vor der Industrialisierung als auch danach an, schlägt den Bogen zu zeitgeschichtlichen Themen wie 1950er Syndrom und Risikospirale und verknüpft diese mit Aspekten des gegenwärtigen Umweltschutzes. Die Auswirkungen menschlicher Eingriffe in die Natur zeigt sie am Venezianischen Flottenbau des 15. Jh. oder stellt sie aus globalgeschichtlicher Perspektive dar und nennt dafür Beispiele aus der Zeit des Kolonialismus. Für die Politische Bildung lässt sich aus ihren Ausführungen ableiten, wie sich die Wahrnehmungen von Umweltbedrohungen verändert haben, damit ergeben sich für die Schüler/innen vielfältige Anregungen zur Entwicklungvon historischer Orientierungskompetenz und politischer Urteilskompetenz. Im zweiten Beitrag dieses Heftes informieren Klaus Edel, Alfred Germ und Hanna-Maria Suschnig über einige der Aufgaben, die der Umweltgeschichte im Rahmen des Unterrichts aus Geschichte, Sozialkunde und Politischer Bildung zukommen, sei es in der Auseinandersetzung mit Aspekten der historischen Katastrophenforschung im Vergleich mit aktuellen Ereignissen wie Fukushima oder der Hochwasser in Österreich 2002 und 2013. Sodann widmen sie sich Fragen der Energiegewinnung, der Nutzung von Kernkraft, der Wasserkraft oder der Holzgewinnung, jeweils auch mit Bezug auf historische oder gegenwärtige politische Auseinandersetzungen, die den Schülerinnen/Schülern Möglichkeiten aufzeigen, ob bzw. wie Elemente der direkten Demokratie Einfluss auf politische Entscheidungen haben können (Zwentendorf, Hainburg, Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk Obere Isel) und sie zur Entwicklung von ökologischer Handlungskompetenz anregen können.

 

Unterrichtsbeispiele

Die Unterrichtsanregungen, die in erster Linie historisch ausgerichtet sind, dienen der De- und Rekonstruktion zeitgenössischer und aktueller Wahrnehmungen von Naturkatastrophen anhand von historischen Quellen, beispielsweise aus dem Spätmittelalter zum Magdalenenhochwasser, kontrastiert durch das Hochwasser in Hamburg 1962 und die aktuelle Hochwasserkatastrophe von 2013. Ebenso geht es um die Fragen, was das Erdbeben von 1590 in Ried am Riederberg mit Zwentendorf zu tun hat und welches Ereignis aus der jüngsten Vergangenheit als Bestätigung der Argumentation dienen kann. Eine weitere Möglichkeit bietet die Analyse der Manipulationsstrategien, die in amerikanischen Plakaten aus dem 2. Weltkrieg zum sparsamen Umgang mit Ressourcen anleiten sollen. Anhand der Baugeschichte des Speicherkraftwerks von Kaprun können sich Schüler/innen in historischer Perspektive und im fächerübergreifenden Unterricht mit Deutsch mit Zwangsarbeit, Marshallplan und der Konstruktion eines nationalen Mythos auseinandersetzen. Weiters stehen Rechercheaufgaben zu den Umweltthemen des 21. Jh.s – z.B. zu Klimaerwärmung, Treibhauseffekt, Erderwärmung, Gletscherrückgang, Öl- und Reaktorkatastrophen, Hochwasser und Murenabgängen, (Gift-)Müllexporten, Sturmkatstrophen – sowie mediendidaktisch aufbereitete Vorschläge zu Wochenschauberichten aus den Jahren 1948 und 1954 zur Verfügung.  Eines der omnipräsenten Schlagwörter in Wirtschaft, Politik und Medien ist der Begriff der Nachhaltigkeit. Im Kontext der historisch-politischen Bildung ist ein Diskurs darüber notwendig, wie wir gewährleisten, dass nachfolgenden Generationen weiterhin jene Ressourcen zur Verfügung stehen, die uns derzeit Wohlstand und Wachstum garantieren. Aus kulturgeschichtlicher Perspektive gesehen ist man beispielsweise abgesehen von großflächigen Abholzungen im Mittelmeerraum für den antiken oder venezianischen Schiffbau in der vorindustriellen Zeit immer sorgsam mit der Ressource Holz umgegangen. Verschiedene Holzordnungen der Neuzeit zeigen, dass man auch früher aufgefordert wurde, mit nachwachsenden Ressourcen sparsam umzugehen. Als im Zuge der frühkapitalistischen Expansion der kursächsische Silberbergbau immer mehr Holz für seine Schmelzöfen benötigte, prägte der Forstexperte Hans Carl Carlowitz in seinem „Sylvicultura Oeconomica“ 1713(5) den Begriff der Nachhaltigkeit im modernen Sinn, nämlich basierend auf der Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts, der ökonomischen Sicherheit und der sozialen Gerechtigkeit. (Erenz 2013) Diese drei Aspekte sind es auch, die in einigen der Unterrichtsmodelle des zweiten, eher politisch ausgerichteten Teils zur Diskussion gestellt werden, sei es am Beispiel des ökologischen Fußabdrucks, des individuellen Mobilitätsverhaltens, von Dilemmasituationen bei umweltpolitischen Fragestellungen, der Wahrnehmung umweltpolitischer Themen in den Medien oder von durch Oral-History Methoden erhobenen Standpunkten.

 

Aufbau der Themendossiers

Abb. 11 Interdisziplinäre Teams

Die Themendossiers werden von interdisziplinär zusammengesetzten Teams (Wissenschafter/innen und Fachdidaktiker/innen) nach einem einheitlichen didaktischen Konzept entwickelt. Sie bieten den Schülerinnen/Schülern vielfältige Möglichkeiten strukturelles Denken zu entwickeln, darüber zu reflektieren und eigenverantwortlich in neuen Situationen erfolgreich anzuwenden. Sie sind theorie- und forschungsgeleitet, prozessorientiert, medial unterstützt sowie von der 8. bis zur 13. Schulstufe modular einsetzbar. Dieser Konzeption entsprechend enthält das vorliegende Themendossier zum einen fachwissenschaftliche Einführungstexte für Lehrer/innen zum Verhältnis zwischen Mensch und Natur in historischer Perspektive und mit einem Fokus auf gegenwärtige Entwicklungen. Zum anderen eröffnen fachdidaktische Anregungen vielfältige Möglichkeiten zur Anbahnung eines (selbst-)reflektiven Umweltbewusstseins, das gepaart mit historischen und politisch politisch bildenden Kompetenzen Handlungsspielräume für die Schüler/innen sichtbar macht. Neben der prozesshaften Beschreibung eines möglichen Unterrichtsablaufs wird auch in jedem Beispiel eine Möglichkeit der Ertragssicherung und der Rückkoppelung angeboten. Jedoch wurde in diesem Zusammenhang bewusst auf genaue Vorgaben von Stundenbildern verzichtet, die Unterrichtsvorschläge zeigen vielmehr exemplarisch Wege auf, wie die Themenbereiche und Arbeitsaufgaben an die jeweilige Zielgruppe angepasst werden können. Dabei wurde großer Wert auf Praxisnähe gelegt. Ein Großteil der Materialien wird auch als Kopiervorlagen (teilweise inklusive Lösungsblätter) angeboten. Die Redaktion hofft, dass das vorliegende fünfte Heft der Themendossiers eine sinnvolle Bereicherung für die Planung und Durchführung des historisch-politisch bildenden Unterrichts darstellt. Über Ihre Anregungen und kritischen Ergänzungen freut sich die Redaktion (p.A. hanna-maria.suschnig(at)univie.ac.at).

dgpb © Hanna-Maria Suschnig

LITERATUR

BMUK (Hg.) (1994). Rundschreiben Nr. 35/1994. www.bmukk.gv.at/ministerium/rs/1994_35.xml  (Zugriff 26. Juli 2013).

Carson, Rachel (1962). Silent Spring. Boston: Houghton Mifflin.

Carson, Rachel (32007). Der Stumme Frühling. Der Öko-Klassiker mit einem Vorwort von Joachim Radkau. München:C.H. Beck.

Beck, Ulrich (1986). Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Erenz, Benedikt (2013). Nachhaltigkeit. Ein Wort geht um die Welt. Ulrich Grober in einem Interview für Die Zeit.In: Die Zeit. 18. April 2013. www.zeit.de/2013/17/begriff-nachhaltigkeit-interview-ulrichgrober/komplettansicht (Zugriff 16. Juni 2013).

Meadows, Dennis; Meadows, Donella H.; Zahn, Erich (1972). Die Grenzen des Wachstums. Stuttgart: DVA.

Pfister, Christian (Hg. unter Mitarbeit von Peter Bär) (1995). Das 1950er Syndrom. Der Weg in die Konsumgesellschaft. Bern, Stuttgart, Wien: Verlag Paul Haupt.

Winiwarter, Verena; Knoll, Martin (2007). Umweltgeschichte. Eine Einführung. Stuttgart: UTB

LINKS

mobile.twitter.com/Fischblog/status/273472009038606338 (Zugriff 26. Juli 2013)

eseh.org (26/07/2013)