Das Lied der Arbeit

Abb. 93 Zobels Bierhalle, wo 1868 das Lied der Arbeit zm ersten Mal erklang

Text: Lied der Arbeit:

Das "Lied der Arbeit" ist das bekannteste Arbeiterlieder und gilt als Hymne der österreichischen Sozialdemokratie. Von den zehn Strophen der Originalfassung werden heute nur mehr die erste und die letzte gesungen. Die Melodie stammt von Josef Scheu (1841–1904) und der Text vom Graveur Josef Zapf (1847–1902).

Erstmals wurde das "Lied der Arbeit" bei einer Mitgliederversammlung des 1867 gegründeten Arbeiterbildungsvereins aufgeführt, die am 29. August 1868 beim Zobel stattfand. (50)

Stimmt an das Lied der hohen Braut,

Die schon dem Menschen angetraut,

Eh' er selbst Mensch war noch.

Was sein ist auf dem Erdenrund, Entsprang aus diesem treuen Bund.

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Als er vertiert, noch scheu und wild

Durch schreckenvolles Urgefild'

Und finst're Wälder kroch

Wer gab dem Arm die erste Wehr?

Die Arbeit war's, noch roh wie er.

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Und als er Bogen, Pfeil und Spieß

Und den Nomadenstab verließ

Zu eignem Felde zog

Wer schuf den segensreichen Pflug?

Die Arbeit, die nie schafft genug.

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Als später der Familie Herd

Sich zu Gemeind' und Stadt vermehrt

Begann den Bau der ersten Stadt?

Das war der Arbeit stolze Tat.

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Und als sein Drang nach Hab und Gut

Ihn trieb zur wegelosen Flut

Die unbezwungen noch.

Wer stieß das erste Schiff vom Strand?

Der Arbeit ewig tät'ge Hand

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Und als der Denker Geist schon nah

Die Geistesfreiheit dämmern sah,

Welch Genius sandte doch

Der Menschheit das gedruckte Wort?

Die Arbeit war's, der Bildung Hort.

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Sie hat, was noch kein Rom vollbracht,

Die Erde sich zum Knecht gemacht.

So tief nach Erz ein Bergmann spürt.

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Sie ist's, die Meere überwand,

Die alle Elemente spannt

Ins harte Eisenjoch.

Doch ihre Mutter war die Not

Vergesst nicht, mündig, ihr Gebot:

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Die Pyramide Cheops zeugt,

Welch drückend Joch sie einst gebeugt.

Die Arbeit brach es doch!

Drum hofft: Des Kapitales Joch,

Die freie Arbeit bricht es noch!

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!

 

Und wie einst Galilei rief,

Als rings die Welt im Irrtum schlief:

Und sie bewegt sich doch!

So ruft: Die Arbeit sie erhält,

Die Arbeit, sie bewegt die Welt!

Die Arbeit hoch!

Die Arbeit hoch!